Lob der Torheit

e satirischs Wärk vom Erasmus vo Rotterdam

Moriae encomium, uf Dütsch: Lob der Torheit  (oder Lob der Narrheit) isch dr Ditel vo äim vo de bekanntiste Wärk vom niiderländische Humanist Erasmus vo Rotterdam. S Wärk isch au as „Laus stultitiae“ bekannt.

Im Hans Holbäi si witzigi Zäichnig vo dr Iifalt (1515), as Marginalie in dr erste Edizioon, e Kopii, wo im Erasmus sälber ghöört het (Kupferstichkabinett, Baasel)
Dialäkt: Baseldütsch

Wie s entstande isch ändere

Dr Erasmus het si Wärk 1509 gschriibe, won er bi sim Fründ Thomas Morus z Ängland gsi isch. Scho 1506 het dr Erasmus satirischi Teggst vom hellenistische Satiriker Lukian vo Samosata (120-180) adaptiert und het sä zämme mit em Morus as Wärksammlig Luciani opuscula uusegee.

S Moriae encomium isch as en ironischi Leerreed verfasst und isch zum erste Mol vom Jehan Petit und Gilles de Gourmont 1511 z Bariis druckt worde, und bald nochhär mit em Datum vom August 1511 au vom Matthias Schürer z Stroossburg. 1515 het s dr Johann Froben z Baasel ib ere Nöiuflaag uusebrocht, illustriert mit 83 Handzäichnige vom Mooler Hans Holbäi em Jüngere. Es isch äins vo de Büecher vo dr Wältlitratuur, wo am mäiste glääse worde isch. Dr Erasmus het s Wärk sim Fründ Thomas Morus gwidmet.

S Moriae encomium isch scho zu Läbzite vom Erasmus in e hufe öiropäischi Sprooche übersetzt worde, denn Satire si in dr Rönessans die liebsti Litratuur vo de Gebildete gsi.

Inhalt ändere

D Stultitia stoot as Frau mit „schlächtem Ruef“ am ene Katheder, bekennt sich as personifizierti Iifalt und lobt mit Gnuss iiri „Tugende“. Scho die erste Setz vom Buech mache d Absicht vom Erasmus dütlig:[1]

„Die Torheit tritt auf und spricht: Mögen die Menschen in aller Welt von mir sagen, was sie wollen – weiß ich doch, wie übel von der Torheit auch die ärgsten Toren reden –, es bleibt dabei: Mir, ja mir ganz allein und meiner Kraft haben es Götter und Menschen zu danken, wenn sie heiter und frohgemut sind.“

Dr Erasmus überdribt äxtra wenn sich „sini“ Wältherrschere Stultitia, wo sich mit iire Döchder Äigeliebi, Fladiere, Vergässligkäit, Fuulhäit und Lust (de sogenannte Doodsünde) d Wält underdaan gmacht het, lobt, und er ziilt drbii mit rhetorischer Eleganz uf d Dummheite und d Laster vo de Mensche. D Stultitia liist iire Zuehöörer (also em Lääser) d Levite, nimmt frommi Christe, Kauflüt, Fürste, Apfikate, Mönch, Gottesdiener, Häiligi und Gleerti ufs Korn und zäichnet raffiniert e Spiegelbild vo dr Zit:

„Was ihr von mir zu hören bekommt, ist allerdings bloß eine einfache Stegreifrede, kunstlos, doch ehrlich. Und meint mir ja nicht, das was ich sage sei nach Redner-Manier gelogen, nur um mein Genie leuchten zu lassen. Ihr kennt das ja: Merkt einer auf mit einer Rede, über die er dreißig Jahre gebrütet hat – oft ist sie auch gestohlen –, so schwört er euch, er habe sie in drei Tagen wie spielend hingeschrieben oder gar diktiert. O nein – ich liebe es von jeher, alles das zu sagen, was mir Dummen just auf die Zunge kommt. Nur erwartet nicht, dass ich mich nach der Schablone der gewöhnlichen Redner definiere oder gar disponiere. Ein übler Anfang wäre beides, denn eine Kraft, die in der ganzen Welt wirkt, lässt sich in keine Formel bannen, und eine Gottheit zerstückelt man nicht, zu der sich alle Kreaturen zusammenfinden.“

Die fiktivi Rednere erkläärt iire Zuehöörer, ass si mit iirem „Wörtermischmasch“ noch em Vorbild vo de Gleerte, wis ene grad chunnt, Zitat us dr Dichdig, dr Filosofii und dr Theologii uuselääse und interpretiere, d. h. verfelsche, und dass vor allem s Närrische und s Dumme e günstige Iifluss uf s Mitenand vo de Mensche häige und es wurde fördere. Wo immer si wurd ufdräte, gäbs nume Fröid und alli wurde in iirer Schuld stoo, wil si iiri Goobe immer groosszüügig an alli wurd usdäile, au ooni dass d Lüt Bittibätti müessi mache:

„Alle Menschen (dass der Schein […] mehr fesselt als die Wahrheit) der einzelnen Nationen (eine Art kollektiver Eigenliebe), ob Junge (Ist Jungsein denn etwas anderes als Unbesonnenheit und Unvernunft) oder Alte (Je mehr sie sich dem Greisenalter nähern, um so mehr kommen sie auf die Kindheit zurück), Frauen (In der Liebe hängen die Mädchen eindeutig mit ganzem Herzen an den Toren, den Weisen meiden und verabscheuen sie wie einen Skorpion) und Männer (Ich beriet ihn nach meiner Weise: Er solle sich ein Weib nehmen, jenes ebenso dumme und läppische wie ergötzliche und reizvolle Wesen), v. a. das einfache Volk (wie […] jene am glücklichsten leben, denen Künste völlig fremd sind und die nur dem Trieb der Natur folgen), aber auch Geistliche oder Weltleute (dass sie alle auf ihren Vorteil bedacht sind und keiner es dabei an Gesetzeskenntnis fehlen lässt. […] Irgendwelche Lasten wälzt man wohlweislich auf fremde Schultern ab und reicht sie wie einen Ball von Hand zu Hand weiter), wobei die „Geistige[n]“ und „das Volk“ sich in einem „unüberbrückbare[n] Gegensatz der Anschauungen […] einander als verrückt betrachten“, Kaufleute (das widerwärtigste aller Geschäfte), Dichter (Eigenliebe und Schmeichelei sind diesem Haufen vor alle eigentümlich), Schriftsteller (Ohne große Vorarbeit schreibt er, was ihm gerade einfällt), Rhetoren (bei Gauklern in die Lehre gegangen), Juristen (Mit hartnäckiger Verbissenheit können sie nämlich um des Kaisers Bart streiten und verlieren in der Hitze des Gefechts meist die Wahrheit aus den Augen), Grammatiker (In ihren Tretmühlen und Folterkammern –, inmitten des Kinderhaufens, altern vor der der Zeit), Wissenschaftler (Was macht es schon, wenn so einer stirbt, der nie gelebt hat?), Philosophen (wenig […] für irgendwelche Aufgaben des täglichen Lebens brauchbar […] – Sie tun so, als ob sie der Erschafferin Natur hinter ihre Geheimnisse geschaut hätten und unmittelbar aus dem Rat der Götter zu uns gekommen wären), Religiose und Mönche (halten sie es für den Inbegriff frommen Wandels, die Bildung bis zur Unkenntnis des Lesens zu vernachlässigen), Theologen (Als Scharfsinn bezeichnen sie, was die Menge nicht begreift […] – greifen […] hier und dort vier oder fünf Worte auf, entstellen sie nach Bedarf und machen sie mundgerecht), Papst und Kardinäle (Statt dessen sind sie aber äußerst freigebig in Interdikten, Amtsenthebungen, Bannandrohungen), Bischöfe (Im Wettbewerb um geistliche Ämter und Pfründe wird sich ein Büffel eher durchsetzen als ein Weiser), Fürsten oder Könige (die Bürger zu schröpfen und die Staatseinkünfte in die eigene Tasche zu leiten […] auch die gröbste Ungerechtigkeit noch unter dem Schein des Rechtes auftritt […] – wenn einer […] daran […] denken wollte, würde er nicht ein trübseliges und ruheloses Leben führen?). In summa ergibt das eine verrückte Welt (das gesamt menschliche Leben ist nichts anderes als ein Spiel der Torheit […] – Ein Verrückter lacht über den andern, und sie bereiten sich gegenseitig Vergnügen), in der nur die „Torheit allein […] Freiheit“ schafft, indem sie den Blick des Menschen (Von hoher Warte […] [sähe] er das menschliche Leben in maßloses Unheil verstrickt) vom „großen Elend“ ablenkt (Dieser Trug und Schein ist es doch, der die Augen der Zuschauer gebannt hält […] – das eben heißt Mensch sein!):

Es tut halt so sauwohl, keinen Verstand zu haben, dass die Sterblichen um Erlösung von allen möglichen Nöten lieber bitten, als um Befreiung von der Torheit.

Dr Erasmus het nume e baar Dääg brucht, zum si „Stilüebig“ as en öbbe dreistündigi Reed z schriibe, ooni sä in Kapitel iizdäile (Wemm mä sä usdruckt isch si öbbe 100 DIN-A5-Site lang). Au ooni Kapitelüberschrifte cha mä d Struktur vom Wärk guet gsee. Es bestoot us deene Däil: D Duubligkäit drättet uf • Si verzellt, wie si zügt worde isch und was für gueti Äigeschafte si het • Si lobt die Junge und s Alter • Si lästeret über d Götter • Si erkläärt dr Underschiid zwüschen em Maa und dr Frau • Si verzellt, was si über d Fründschaft und d Huroot dänkt • Über Kunst, Chrieg und wiisi Manne • Blöödsinn über d Schlauhäit, Wiishäit und s Verrucktsi • Si het Beduure mit de Mensche • Si lobt d Wüsseschafte • Si schwätzt drüüber, wie d Chnulleri glücklig si • D Iifalt und dr Waan • Über Aberglaube, Ablass und Häiligi • Über Iibildig und Fladiere, Sii und Schiin • S dumme Wält-Theater • D Iifalt und d Theologii • Über Mönch und Breediger • Über König und Fürste • Über Bischöf, Kardinääl, Bäpst und Briester • Wiishäite und Äigelob • Biblischi Dummhäite • Si frommi Christe Duubel? • Epilog im Himmel.

S Ändi vom Wärk isch e sälbstironischi Passaasche, wo sich dr Erasmus au über sich sälber lustig macht:

„Und jetzt – ich sehe es euch an – erwartet ihr den Epilog. Allein, da seid ihr wirklich zu dumm, wenn ihr meint, ich wisse selber noch, was ich geschwatzt habe, schüttete ich doch einen ganzen Sack Wörtermischmasch vor euch aus. Ein altes Wort heißt: ‚Ein Zechfreund soll vergessen können‘, ein neues: ‚Ein Hörer soll vergessen können.‘ Drum Gott befohlen, brav geklatscht, gelebt und getrunken, ihr hochansehnlichen Jünger der Torheit!“

Dr Erasmus het mit sim Wärk e Balanseakt zum Stuune fertig brocht: Er het d Chille und d Christe eso kritisiert, ass er immer het chönne sääge, dass nit äär sondern nume en Annebääbi e sonigi Reed chönn halte. Uf em Konzil vo Trient (1545) isch s Buech – wie die mäiste andere Wärk vom Erasmus – uf en Index gsetzt worde.

Dütschi Übersetzige und Bearbäitige ändere

Die ersti dütsch Übersetzig isch vom Sebastian Franck. Si isch im Joor 1534 z Ulm erschiine[2]. Es het denn no meereri Übersetzige gee, wo denn dr Alfred Hartmann zur Vorlag gnoo het, won er s Wärk 1929 z Baasel nöi uusebrocht het. Bekannti Übersetzige und Bearbäitige si:

  • Das Lob der Torheit. Eine Lehrrede. Übersetzt us em Latiinischen und mit eme Noochwort vom Kurt Steinmann. Manesse-Verlag, Züüri 2002, ISBN 3-7175-1992-1, Buchkritik.
  • Das Lob der Torheit. Übersetzt vom Alfred Hartmann. Uusegee vom Emil Major. Panorama, Wisbaade 2003, ISBN 3-926642-26-2, Buchkritik (Memento vom 11. Novämber 2005 im Internet Archive).
  • Lob der Narrheit. Übersetzt vom Lothar Schmidt. Faber und Faber, Leipzig 2005, ISBN 3-936618-60-7, Books-Google.
  • Lob der Torheit. Erasmus von Rotterdam. Übersetzt vom Heinrich Hersch. Überarbäitet vo dr Kim Landgraf. Anaconda, Köln 2006, ISBN 3-938484-98-5.
  • Das Lob der Torheit. Bearbäitet vom Josef Lehmkuhl. In: Josef Lehmkuhl: Erasmus – Machiavelli. Zweieinig gegen die Dummheit. Königshausen & Neumann, Würzburg 2008, ISBN 978-3-8260-3889-1, S. 131–213, Books-Google.
  • "Das Lob der Torheit" as Vollteggst im Projekt Gutenberg gratis under [1].

Weblingg ändere

  Commons: Lob der Torheit – Sammlig vo Multimediadateie

Fuessnoote ändere

  1. Alli Zitaat si us dr Übersetzig vom Alfred Hartmann
  2. Das Theür vnd Künstlich Buechlin Morie Encomion: das ist, Ein Lob der Thorhait, von Erasmo Roterodamo schimpfflich gespilt, zu lesen nit weniger nützlich, dann lieblich, verteütscht. Von der Hayloszigkaitt, Eyttelkaytt, vnd vngewißhait aller Menschlichen Künst vn(d) weyßhait, Zu ende mit angehefft. Ein Lob des Esels, auß Heinrico Cornelio Agrippa, De vanitate etc. verteütscht. Von dem Bam desz wiszens Gutz vnd boesz dauon Adam den Todt hat gessen, vnd noch heüt alle Menschen den Todt essen, Was der sei, vnd wie er noch heüt iedermann verbotten. Was dargegen der Bawm des Lebens sei. Encomium, Ein Lob des Thorechten Götlichen Worts, Was das sei, von des selben Maiestät, vnd was für vnderschaid zwischen der Schrifft, eüssern vnd innern Worts sei. Alles zum tail verteütscht, zum tail beschrieben durch Sebastianum Francken von Wörd. Hans Varnir zu Ulm, 1534.
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