Niklaus Manuel „Der Ablaßkrämer“
Quälle: Das Drama der Reformationszeit. Herausg. Dr. R. Froning. Stuttgart 1894
Richardus Hinderlist:
Lösend den ablaß und die genad, lieben fründ,
s Für alle üwere begangene sünd,
Die ir im fegfür müesten büessen,
Oder in die hell drum müessen,
[5]: Do kein erlösing ist zů hoffen!
Der genaden schatz stat ietz offen:
Trinkend, diewil der brunnen flüsst,
Eb man die kisten wider bschlüsst!
Dan hie ist rechte römische gnad,
[10]: Die finstu hie ietz eben und grad,
Als eb du zů Rom in siben kilchen wärest.
Wenn du des ablaß von grund's herzen begerest,
So gibt man dir brief und sigel drum,
Daß du vor gott bist ganz rein und frumm,
[15]: Und magst ouch erlösen us fegfürs pin
All dine fordren, so verscheiden sin.
So schnell das gelt im becke klingt,
Daß die seel in den himmel springt!
Ougenblicklich fart sie darvon,
[20]: Wie möcht sie baß in himmel kon?
Drum lassend üch das gelt nit turen!
Nun tragend zůher, lieben puren!
Das gelt, das ir hie werdend geben,
Wirt nit gebrucht, můtwillig z'leben,
[25]: Sunder den Türken zů vertriben!
Und so etwas wurd überbliben,
Wirt gebrucht zů sant Peters gepüwen.
Lieben fründ, land üch das gelt nit rüwen!
Man git eim ieden, nachdem er vermag,
[30]: Hunderttusend jar oder drissg, fierzg tag,
Karenen, kwaderienen, oder wie er wil;
Wůcher, roub, gestolen gůt oder von falschem spil,
Wie du das mit mürden, verraten gewunnen hast,
Wenn du mir ietz min teil ouch darvon erschiessen last,
[35]: So bedarfstu das ander nüt wider z'geben!
Bis du gůt mennli mit! du magst wol mit leben!
Hettestu vater, můter, all fründ und tier angangen,
Cristum verraten, sin reiniste můter gefangen:
Bicht's und rüw und gib ein petzen oder zechen!
[40]: Ist's denn schon minder, ich laß es ouch beschechen
Und vergib dir sünd, schuld und pin!
Ist das nit holdselig und fin?
So wil ich dri oder fier guldin nen
Und dir gůt brief und blyin sigel gen.
[45]: Hettist du alle die sünd getan,
Die menschliches hirn ersinnen kan:
So du list an dem letsten end,
Sol man dich absolvieren p'hend
Für pin und schuld qwitt, ledig und los
[50]: In kraft dis briefs! Lůg, ist das nit groß?
Wie erzeigt sich der papst so miltigklichen!
(Da – da – das hieß dem rappen můs ingstrichen!)
Die pürin Zilia Nasentutter mit der rostigen Hällenbarten:
Sä hin den brief, gib mir min gelt!
Man weist doch ietz in aller welt,
[55]: Daß büebery und schelmenwerk ist,
Itel betrug und tüfelslist,
Darmit ir ablaßkremer verfüeren
Und daß ir all noch so tür drum schwüeren.
Du bist vor ouch einmal har kummen
[60]: Und hast mir vier guldin abgnummen
Um disen fulen falschen brief:
Des ich darnach nit rüewig schlief,
Do ich vernam, es wär ein falscher tuck,
Ein ganz wiedercristlich schelmenstuck.
[65]: Drum gib mir min gelt flux und gschwind,
Oder es kostet dich din grind!
Da richt dich nach, denn es můß sin!
Nimm du den brief und schiß drin!
Friß den bůchstaben, sigel und alls
[70]: Und geb dir gott das hellsch für in hals!
Anni Suwrüssel:
O wolf, ich kenn dich an der stimm,
Wiewol du erzeigst dich nit grimm!
Aber du bist wol sunst zů verstan
Und hettestu zechen schafshüt an.
[75]: Sag an, wo hastu das gelert,
Daß du mich in der bicht so hert
Hast gestraft um drü bare pfund,
Um daß ich's nit verhalten kund,
Do mich der buchblast so hert anstieß,
[80]: Daß ich in der kilchen ein fürzli ließ?
Das hastu mir so schwer und groß geacht,
Ein sünd in den helgen geist drus gemacht
Und mir drü pfund darum abgenummen,
Dardurch ich zů absolutz möcht kummen.
[85]: Ist doch nit sünd und wenns schon wär
Ein sünd in gott, vast hert und schwer,
So kouft man doch nit gotts gnad um gelt,
Und wär sin als vil, als gras im veld;
Wie Petrus sprach zum Simeon,
[90]: Tröwt im das hellisch für zů lon.
Darum gib nun har geschwind und schnell drü pfund,
Du tückischer wolf, du plůtiger hund!
Ich wil dir sunst die term von rippen roufen,
Oder du můsst mir unders ertrich entloufen!
Bertschi Schüchdenbrunnen:
[95]: Schow, schow, Schabdenseckel, bist aber kon!
Du hest uns doch erst fern das gelt abgnon
Und mir ein guldin in sunderheit
Drum, daß ich mich zů mim wib hat gleit,
Do sie in der kindbette fierzig tag was gelegen
[100]: Und eb mirs der kilchherr erloubt mit sim ussegen.
Das hastu mir so groß ingeredt
Als eb ich joch gott verraten hett.
Mir nit des segnens! ich begeren sin nüt!
Ir Pfaffen sind sorgklich und můtwillig lüt,
[105]: Unser kilchherr gesegnet vern eine früe vor tag us,
Di macht im ein jungen sun, den bracht man im zů hus.
Des segens darf min wib nüt, mir nit der katzen!
Los, pfaff, rat ich, du wirst uns numen me fatzen!
Ich wil min gelt wider von dir han
[110]: Oder dir die platten und kopf zerschlan!
Ja und darnach so richt dich, ob du wellest!
Lůg, daß du mir kein bösen haller zellest!
Der bettler Steffen Gigenstern:
Du falscher provet, o topeldieb, bist du aber im land?
So ist man wol sicher, daß es arm lüt nit gůt hand!
[115]: Du überredst aber die lüt mit dinem liegen,
Sie müessind grad richtig alle in himmel fliegen.
Ja grad schnell, wie ein ků in ein müsenloch!
Du gibst in's glatt in mund und spottest, ja lügst doch
Und machst, daß man dir zůcher treit,
[120]: Groß hufen gelts in's becke leit.
Man vergisst unser armen elenden lüt
Vor dinem grossen gebrecht und gibt uns nüt.
Wir essen selten oder niemer warme kost
Und lidend grossen hunger, turst und grimmen frost:
[125]: So bist du voll tag und nacht, ja alle zit.
Noch ist der tüfel in dem verflůchten git,
Daß man üch nit erfüllen kan,
Henkend's den glatten hůren an.
Zů Rom bi den grossen prelaten
[130]: Da sicht man vil loblicher taten!
Die mulesel sind mit samet bekleit,
Ein esel etwan so vil gold antreit,
Siden zoten, gefrens und zierd,
Das man us tütschen landen fiert:
[135]: Man ernerte hundert mönschen mit,
Denen man doch nit ein haller git,
Und aber üch bůben um ein falschen brief.
Jy daß üch der speck in das hellisch für trief!
Wie beschissend ir die armen lüt
[140]: Wider alles das, das gott verbüt!
Gott wirt nit am jungsten tag erfragen,
Wer hab zů sant Peters münster tragen:
Aber nach den werken der barmherzikeit,
Darvon hat uns Cristus selber geseit,
[145]: Da wirt er fragen, öb man sie hab getan,
Den armen nit turst noch mangel gelan,
Die nackenden bekleit, die gefangnen tröst,
In summa brüederlich liebe ist das gröst.
Wolan, wir armen müessend uns tucken,
[150]: Unser krüz nemen uf unsern rucken
Und gott lan mit uns sin willen füeren.
Öb ir schon hie kein crütz nit anrüeren,
So findend ir doch dört ümer straf,
Die ir verdienend an gottes schaf.
[155]: Du hast von einem Türken geseit
Und wie das gelt werde angeleit,
Wider den selben Türgen zů striten.
Ich sach in hüt in din herberg riten,
Er hat vorhin eine grosse wunden,
[160]: Er hat dins stritens dick empfunden;
Du magst in noch krutzlich aber zwingen,
Hinacht am bett under dich bringen!
Sin brüst gend milch, sin har ist lang.
O wolf, daß dich der tod angang!
Bertschi Schüchdenbrunnen:
[165]: Pfaff, pfaff, fürher mit dem gelt, gib us,
Eb daß ich dir den grindskopf erlus!
Richardus Hinterlist:
O schwig, min pur, red gemach, ich bin nider!
Das gelt das wirt dir numen me wider!
Gedenk sin nüt! was nimmst in sinn?
[170]: Weist nit, daß ich ein priester bin?
Wie tarfstu so frefen mit mir bochen?
Fürwar, gott lat's nit ungerochen.
Wir priester sind gesalbet, das weist du wol,
Und daß man uns nit mit gwalt angrifen sol!
Pur Bertschi Schüchdenbrunnen:
[175]: Bist du gesalbet, so brünnstu dest lieber in der hell!
Den vorteil hast du dennocht vor mir, min lieber gesell!
Doch so bin ich baß gesalbet denn du, deshalb:
In zwei jaren zum sechsten mal im platersalb!
Und säche ich dich schon von öl recht glissen,
[180]: Ich schlüeg dich, daß du dich möchtest beschissen!
Wenn du mir min gelt nit wettest gen,
Da wurdistu hüpschen schimpf vernen!
Anne Suwrüssel (mit einer grossen kellen):
Nun schwig, du schantlicher valscher pfaff!
Trischenmul! du schwininer rotzaff!
[185]: Du můsst uns das gelt wider geben
Oder es kostet dich din leben!
Richt dich darnach, ergib dich drin,
Wittu noch hienacht lebend sin!
Zilia Nasentutter:
Och hoch das müesst uns wol erfröwen,
[190]: Wöttest's du uns erst ab ertröwen!
Ja, wenn du bald ab der welt witt kon,
So hilfen ich dir frig darvon,
Ich zeigen dir ein meisterstuck.
Nun schwig grad, daß dich's ertrich schluck!
[195]: Ich triff dich, daß du die ougen verkerst
Und kein falschen ablaß niemerme lerst!
Trine Filzbengel:
Schland in nit, schland in nit, land mich im bürsten!
O wäre im das mul voller winkelwürsten!
Ich můß üch wunder von im sagen:
[200]: Er het mir zwo kronen enttragen
Allein darum, daß ich im gebichtet han,
Daß ich mit minem fromen elichen man
An einem vasttag tet, daß man enent'em bach tůt.
Do tröwt er mir des hellischen fürs flammen und glůt
[205]: Und macht mich verzwiflet und so gar erschreckt,
Bis daß er mir sin römschen ablaß enteckt,
Daß ich im zwo goltkronen gab;
Und nam mir denn ein fart ouch ab,
Di hat ich verheissen zůn Siben eichen,
[210]: Da tet der tüfel desmals ouch vil zeichen.
Nun wil min gelt ouch wider han
Und söt der heiß tonner drin schlan!
Nun säg flux ja oder nein, weders du wit,
Ja und richt ouch darnach, ich schenk dir's nit!
Richardus Hinderlist, ablaßkremer:
[215]: Ich büt üch recht, da lassend mich bi bliben!
Was wend ir so vil böser worten z'triben?
Zu Rom sitz ich in gůten gerichten,
Ir wüssend, daß ich von hant nit fichten.
Ich büt üch recht zu Rom, da kummend hin,
[220]: Do ich mit für und liecht gsessen bin!
Trine Filzbengel:
Daß dich der tonner schieß als atenlosen pfaffen!
Was hant wir armen lüt mit dir zů Rom zů schaffen?
Das wurd in alle wis und weg ein spil,
Wir gewunnend ouch eben und grad als vil,
[225]: Als die gans, die mit dem fuchs kam für recht
Vor dem wolf, dem hund und irem geschlecht.
Pilatus urteil und Orias brief
Wurd dem, der mit dir gan Rom lief.
Ich sitzen nit so tür in die ürten.
[230]: Wir wend dich wol eins lochs nächer gürten!
Ja ja, pfaff, sichstus, gott geb, du flůchest oder bettest,
Du můsst uns b'zalen, und wett gott, daß du es nit hettest!
Anna Suwrüssel:
Land mich an in und stand ir darneben!
Ich wil im das übrig ushin geben,
[235]: Und lugend ir zů, wie ich im strelen!
Wer wil wetten, ich wil im nit felen?
Ich wil im frig mit der kellen winken:
Es lust mich baß, denn essen und trinken!
Steffen Gigenstern, bettler:
Da – da – da – da herr, bis gelobt, gott wil mich rechen!
[240]: Ich pitt üch aber, daß ir in nit bald erstechen.
Schland in sunst, daß er dennocht kum leb
Und daß er alle kwatter von im geb!
Ich wil üch wunder von im sagen.
Man söt in langest z' tot han gschlagen!
[245]: Ir wüssend nit, was die böswicht schelmenstůck tůnd,
Ich sach, daß er zů Nussach fern am kanzel stůnd,
Da treib er wunder abentür mit liegen,
Ich dacht ein wil, der kilchturn sött sich biegen.
Doch wenn man in fragte witer denn bim eid,
[250]: So seite er vilicht den rechten bescheid.
Streckend den böswicht an einem seil,
So hörend ir siner tück ein teil!
Richardus Hinderlist:
Ich tůn üch allesamen in des papsts ban,
Und würt üch niemand usher und ledig lan
[255]: Denn der papst oder ich allein in eigner person.
Da – da – nun werdend ir uf ein hüpsche kilbe kon!
Wie ir hie sint, bede man und wib,
So gib ich dem tüfel seel und lib!
Zilia Nasentutter:
Ich schiß dir uf ein ietlichen bagkenzan
[260]: Und uf din falschen nidigen bäpstlerban!
Ich geb dir nit ein böse krumme gufen,
Ja nit ein lus us einer grinden rufen
Um die falschen ablaß und ban!
Behalt in selb, wüsch die schů dran!
[265]: Was wänstů, daß man drum werd geben?
Man förcht dich nit, du stichst darneben.
Har, har, wir wend dich leren gigen:
Du můsst kein büebery verschwigen!
Har, har, wir wend den keiben strecken
[270]: Und mit dem seil sin gwerb erfecken!
Anne Suwrüssel:
Frisch dran, ich wil den böswicht binden!
Da wirt man sin schelmery finden;
Er ist in büebery wol gelert und durchtriben.
Du můsst dran, du schelm, du hest's lang gnůg getriben!
Richardus Hinderlist:
[275]: Erbarm sin gott vater, bapst und all kardinäl!
Ich han leider wit, wit geschossen fel.
Mir felend ietz bede, der ablaß und ban,
Daruf ich mich dick frefenlichen hab verlan.
Nur gond dennen, ir wiber, und lond mich ân not,
[280]: Ich weren mich sunst und schlan etwan eine z' tod!
Trine Filzbengel:
Nüt denn! Dran, wir wend im zwachen!
Wer dich, der tod der wil dir nachen!
Sie namend in gemeinlich und schlůgend in zů der erden mit kellen,
kunklen, schitren; und ein alt bös wib lüff darzů mit einer rostigen alten
hallenbarten, und bundend im hend und füeß, zugend in an einem seil
hoch uf in aller wis, form und gestalt, wie man ein mörder streckt,
bis er sprach, er wett vergechen.
Zilia Nasentutter:
Nun sing, sing, vögele sing, pfif uf ein lied!
Wie gfallend dir nun die wiber, wenn bist mied?
[285]: Hettest du mich und ander unbeschissen gelan,
So möchtest du wol ietz hieniden fin rüewig stan!
Du löstest us einem furz drü pfund,
Des hang mir ietzund ouch da ein stund!
Hätt ich erst das ander ouch darzů getan,
[290]: Was müesst ich dir um den dreck geben han!
Richardus Hinderlist (schrei lut):
Land mich abhin, ich wil alles das sagen,
Das ich tan hab in allen minen tagen!
Sie liessend in herab und sassend ringswis um in her, fragtend in,
was sie anfacht und er antwurt, verjach eins nach dem andern.
Anne Suwrüssel:
Pfif uf, pürli, seg an, wie ist es gangen?
Und sag die warheit, denn du bist gefangen!
[295]: Oder man wirt dich wider ufhin henken,
So tribstu noch ein wil vil gůter schwenken.
Richardus Hinderlist:
Wolan, so wil ich's üch frig grad usher sagen!
Ich han den lüten hie gar vil gůts enttragen,
Desglich in tütschen und welschen landen
[300]: Bin ich am kanzel menchmal gestanden
Und hab vablen und märli gedicht,
Die alle dahin warend gericht,
Daß man ablaß koufte, den ban schüchte,
Der seel nach opfret mit kerzenlüchte.
[305]: Da sprach ich, wie ich wüsste ein heligen man,
Dem Cristus selb hett kund getan,
Wie grusamlich das fegfür brönt,
Und wie der tüfel durch sie rönt
Mit glüegenden sesslen und gefrornen gablen;
[310]: Wie die seelen schrigen, loufen, grinen, zablen,
Wie man sie uf rösten pratet und glüegt
Und wie man sie in grossen kesslen verbrüegt,
Wie sie der tüfel redret, fierteilt und henkt,
Demnach spiesset, köpft, redret, brönt, ertrenkt.
[315]: Und macht das alls so grusam und groß,
Das inen der schweiß vor angst usfloß,
Die söliche fablen von mir horten.
Ich tet es dar mit gar ernsthaften worten.
Demnach so kond ich aber erdenken
[320]: Mit sunderbaren listen und renken,
Wie etlich seelen wärend erschinen:
Da fiengend die lüt erst an zů ginen
Und losen flissig, was ich seit.
Sie wandent, es wär ein warheit:
[325]: So was es alls erdacht und erlogen
Und alls us toctor paffengit zogen.
Denn seit ich, wie die seel hett geredt;
Wenn man iren vast bald helfen wett,
So sot man dri drißgist lesen lan
[330]: Und alle tag zu dem opfer gan,
Ein brot, maß win, zwen schilling bringen
Und darmit zů dem altar springen;
Dri kerzen solt man all tag brennen
Zů sant Jacob, Jost ach ouch rennen.
[335]: Von disem allem hatt ich teil und gemein.
Doch so bin ich ouch der sebig nit allein:
Unser sind vil allenthalben im land,
Die sölich pratick mit den pfaffen hand:
Wir tribend den kilchherren das gwild in das seil,
[340]: Denn habend wir von allen dingen den halben teil:
Messen, jarzit, vigilg und sölich gespenst,
Das füllt und macht uns gar grosse feisse wänst;
Und wenn ich von seelen sölichs seit,
So wurdend puren willig bereit,
[345]: Den seelen zů helfen us der pin,
Daß inen Kein gelt zů lieb mocht sin.
Denn ich kond s' fin salben und inmassen puffen,
Daß den puren die ougen recht überluffen.
Und wenn ich's denn wol in das folk hat triben,
[350]: Han ich min ougen mit zibelen g'riben
Und weinet selb ouch vor inen allen,
Ließ trän über die bagken ab fallen.
Wenn ich inen so grusam vom tüfel seit,
Wie er die armen seelen selb reit,
[355]: Sie hechlet, hacket, fraß und beiß,
Verschluckt und darnach wider scheiß,
Wie er sie voll hülziner glogkenspis güsst
Und sie denn erst mit fürinen belzen erschüsst:
Wenn sie das hortent, so was wib und man
[360]: Erschrocken, sie müchtend sich b'truslet han.
Das gab speck in die rüeben, so vil ich wott. –
Nun han ich's allssamen gseit, samer gott!
Bertschi Schüchtenbrunnen:
Du můsst baß dran, wir sind noch nienen am end!
Sag an, wie ir mit üsren wibren hus hend!
[365]: Das můsstu segen, oder dran erworgen,
Oder wir streckend dich bis morn am morgen!
Richardus Hinderlist:
Ich han den wibren nüt übels tan.
Ich forcht allweg, sie seiten's dem man,
Ich bin ganz from und unschuldig am selben end.
[370]: Streckend mich und tötend mich, tůnd mir, wie ir wend!
Agnes Ribdenpfeffer:
Ziend den wolf uf am seil!
Das ist nit der halb teil
Der schelmery, die er hett tan,
Und henkend im groß stein ouch an!
[375]: Da werdend ir werklich possen vernen,
Was er uns dorfwibren zů bůß hatt gen.
Sie zugend in wider uf und hanktend im stein an, bis er schreig,
man sött in abher lan, er wött witer vergechen. Sie satzend in
wider uf ein stůl und losten im alle.
Richardus Hinderlist:
Ach gott, ach gott, wär ich tot, daß gott wett!
Ich han die pürinen dick überredt
In der bicht mit glatten worten,
[380]: Das werlich ir man nit horten,
Ich gäb ablaß und hette des gůte brief:
Welche frow ein nacht früntlich bi mir schlief,
Die hette ablaß für schuld und pin;
Doch sött es treffenlich heimlich sin.
[385]: Ich han ouch wol ein hüpsche pürin überredt,
Daß sie die bůß von stund an in der kilchen tet.
Wenn mir eine wol gefiel darzů,
Die hieß ich bichten am morgen vast frů:
Ich hette nit der wil im tag.
[390]: Was wend ir, daß ich üch me sag?
Tüchtle Kröstüchle:
Du schelm, seg an, daß dich gott můß plagen,
Was hestn für heltům umher tragen?
Richardus Hinderlist:
Ich bin einmal zů einem galgen kummen,
Do han ich ein hand von eim dieben gnummen
[395]: Und von eim rad ein mörderfůß gebrochen
Und hab denn fin zů den lüten gesprochen,
Es si sant Jörgen oder sant Helenen,
Jetz von sant Cristinen, denn von sant Frenen
Und ie darnach es mich lustet und ankam,
[400]: Dardurch ich denn groß gelt und vil gůts innam.
Ich dorft wol us eim roßbein lösen,
Ich mocht's eins manets nit vertösen
Mit miner hůren, rossen und knecht.
Es gloubt's kein mönsch uf ertrich recht,
[405]: Was heimlich in der bicht wirt gewunnen:
Mir ist kein wib gar selten entrunnen,
Sie gab mir gelt, das mocht nit felen,
Ich hieß sie dem man redlich stelen.
Wo wir im land schlachend das leger,
[410]: Do wär der gmein zechen mal weger,
Man leite ein tell und stür uf die lüt.
Noch blibt der landschad heimlich, man spürt es nüt:
Denn iederman schwigt, daß er nit seit,
Was man im da in der bicht ufleit.
[415]: Das ist alles, das ich hab getan:
Ich bitt, ir wellend ein bnüegen han!
Hiltgart Kuttelpfeffer:
Es můß baß bissen, min ablaßgiesser!
Junker lügeschnider, brieflischiesser!
Du hast noch nüt von stelen gseit:
[420]: Das ist ein gwerb, der ouch vil ustreit.
Ir hand groß ermel und wit münchskappen,
Ir diebsböswicht stelend wie die rappen!
Richardus Hinderlist:
Was dorft ich stelens, mir ward sunst gnůg,
Das man mir gern gab und zůher trůg,
[425]: Daß ich keins stelens bedörfen han;
Aber das han ich wol etwan tan,
Wenn ich eim richen – si wib oder man –
Am morgen etwan bicht gehöret han,
Der mir nit nach mim willen gab,
[430]: So schneid ich im den seckel ab.
Sie dachtend niemerme daran,
Daß ich den diebstal hette tan.
Adelheid Stifelhirne:
Seg an, was hat aber das mögen ertragen,
Daß du für alle strafen, siechtagen und plagen
[435]: Hast die lüt gebet und sundere segen gelert?
Da möchte sich ein ritter mit han ernert.
Richardus Hinderlist:
Wer wott den plunder allen erzellen,
Von wort zů wort in ein ordnung stellen?
Es ist kein presten so seltsam nit,
[440]: Wenn man uns numen etwas gelts drum git,
Wir könnend im sagen, was helgen bůß es ist:
Darzů findend wir wol hundertmal tusent list.
Wir gesegnend wasser, pier, milch, win,
Die sönd gůt für alle presten sin,
[445]: Rüden, eissen, brüch, fel ougen, lüs und grind,
Do lerend wir segen, die gůt darfür sind;
Denn bannend wir die würm us dem ertrich geschwind,
Die fliegen us den erpsen und worinn sie sind,
Die grüenen stichling, so die reben zerstechend.
[450]: Das gelt us den secklen, daß sie nit zerbrechend!
Das selb ist zwar die bewertest kunst
Und denn vil anders gögelwerk sunst,
Bringt eben als vil, min lieben lüt,
Als wenn einer kem und brecht uns nüt,
[455]: Denn daß es gelt bringt und vil ertreit.
Nun han ich üch's werlich alls geseit.
Doch noch eins falt mir ouch in sin:
Do ich zů Wänstetten gewesen bin,
Da han ich höw von eim schißhus genummen
[460]: Und sprach, es wär von Jerusalem kummen
Und wär Cristus drinnen gelegen.
Darmit gab ich den puren den segen,
Und gab's den puren ouch zů koufen;
Sie wottend einandren drum roufen.
Bertschi Schüchdenbrunnen:
[465]: Seg an, was haltestu aber uf ablaß, ban und das?
Des gib uns ein lütring, du weist's darum, bericht uns bas,
Darmit wir us dem wunder kummen!
Ir hend uns groß gelt drum abgnummen.
Richardus Hinderlist:
Ich han üch's vast vorhin geseit:
[470]: Es ist ein gwerb, der gelt ertreit,
Sunst ist es nüt, das sicht man wol,
Daß es im boden gar nüt sol.
Doch ist es us, es lit am tag,
Daß gotts gnad niemand koufen mag
[475]: Anders, denn durch rüw und leid.
Des gibt alle schrift bescheid.
Gott lasst üch die sünd nach us genaden,
Allein us siner güete, ân allen schaden;
Durch das sterben Jhesus Crist.
[480]: Unser ding ist tüfels list,
Wir beschissend leider alle welt
Um das verflůchte amechtig gelt:
Mich hat dick gewundret, daß ir's nit schmacktend
Und uns all zů kleinen fetzen zerhacktend.
Zilia Nasentutter:
[485]: Wolan, er het der erbsen gnůg!
Begert er aber me, so lůg
Noch um ein par fröwli, die in erstöiben:
Er wirt uns fürhin nit vast me hie töiben!
Wir wend ietz über sin teschen gan
[490]: Und unser geltli widerum han,
Das er uns falschlich ab hat genommen!
Des wend wir ietz alles wieder kommen!
Richt dich darnach, wo du ein haller verschleigst,
Samer potz hůr, ich stich dich, daß du öl seigst!
Anna Suwrüssel:
[495]: Das wend wir tůn, warum des nit?
Fröw dich, böswicht, daß man dich nit
Noch witer straft an lib und leben!
Doch wirt dir noch der lon drum geben:
Ein oberkeit wirt dir drum lonen.
[500]: Man sol din ouch nun gar nüt schonen.
Agnes Ribdenpfeffer:
Ich můß ietz seckelmeister sin,
Darum, du pfaff, ergib dich drin!
Ich wil üch all erlich vernüegen
Und wol bezalen, kan ich's füegen.
[505]: Doch nem iederman selb das sin darvon,
Alles das, so er im denn ab hat gnon
Um bůß und brief, ablaß und ban!
Ir sönd ganz nüt dahinden lan!
Sie namend sin gelt und bezaltend sich selb ie eins nach dem andren,
angesicht siner ougen. Hiezwüschen redt er sin spruch hieniden.
Richardus Hinderlist:
Der tüfel het mich under di wiber tragen!
[510]: Sie hend mich gerouft, gstossen, treten, geschlagen,
Gestreckt, ich möchte zerbrochen sin.
Ist in der hellen sölich pin,
Sind die tüfel als bös, als dise wiber gegen mir,
So ist es pin und grusem gnůg, das bedunkt mich schier!
[515]: Ich gloub, kemend di wiber an,
Si törftend den tüfel selber schlan.
Ich bin nun grech, ich han min teil:
Kein aplaß trag ich niemer feil!
Agnes Ribdenpfeffer:
Alde, lieben nachpuren und zürnend nüt!
[520]: Wir hend von gotts genaden ein gůt püt.
Ir sind noch me der ablaßkremer,
Ich weiß noch ein münch, wett gott, kem er,
Wir wettend im grad mit dem strelnissen!
Schow, der böswicht het in d'hosen gschissen!
[525]: Er stinkt wie der tüfel, ich mag nümen bleiben.
Gang, ler ein ander hantwerk, denn ablaß schriben!
Trine Filzbengel:
Far hin, far hin und heb vergůt von mir:
Juckt dich die hut, so kumm nun aber schier!
Anne Suwrüssel:
Begnügt dich nit, so kumm morn wider,
[530]: So zünden wir dir aber nider!
Hiltgart Kuttelpfeffer:
Far hin in aller tüfelen namen,
Du müessest erblinden und erlamen!
Zilia Nasentutter:
Heiß die andren din gesellen ouch kon,
Die uns das unser hend abgnon!
Bettler:
[535]: Bin ich nit wol gerochen, so ist gerst můs!
Ich mein, er trag nun ouch bede, pin und bůß.
Bertsche Schüchdenbrunnen:
Wenn es mich ie gelustet hett,
Daß ich auch ablaß feil han wett,
So wär es mir doch ietz erleidet,
[540]: So der so jämerlich hie abscheidet.
Zilia Nasentutter:
Nun losend, es schickt sich eben fin!
Wir hend nun iederman grad das sin,
So ist der ablaßböswicht vertriben
Und ist noch ein gelt hie über bliben:
[545]: Ich rat, daß man's recht dem pettler geb,
Daß er sich mit bekleid und wol leb.
Bertschi Schüchdenbrunnen:
Billich wem söt man's sunst gen?
Ich förcht numen, er werd's nit nen.
Bettler:
Ich nim's an, wie der belli die knecht.
[550]: Herr gott, bis gelopt, das kumpt mir recht!
Sach ie ein man uf erd desglich?
Erst was ich arm, ietz bin ich rich.
Wie wunderbarlich ist gott der herr,
Dem sige ewig groß lob und eer!
[555]: Wie hat er mich an minem figend gerochen!
Vil tusend mal baß, denn hett ich in erstochen,
Daß er vor mir wäre gelegen,
Mit einem breiten schwytzerdegen!
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ändereNiklaus Manuel „Der Ablaßkrämer“ uf Projekt Gutenberg.de