Text:Rudolf von Tavel/Gueti Gschpane/Kapitel 16

XVI.

So het du der Meischter Sterr mit de rote Backe vo syr Tochter ganz unvermueteter Wys o no grad e Schwigersuhn und e gueten Arbeiter mit heibracht. D’Frou Meischteri het du natürlech welle g’ahnet ha, es sygi so öppis im Wärde, und si het ds Gschydschte gmacht, was si chönne het: Si het alles guet ufgno und dänkt, lieber well si no so eine zum Tochterma als gar keine. Ds Veronika isch wider hälluuf und zwäg gsi, und der Renat het sech i der Wärchstatt mit Yfer a d’Arbeit gmacht. Me het ohni vil Lärme Hochzyt gfyret und isch im beschte Friden under em glyche Dach blibe. Numen i eim Punkt het sech der Meischter nid rächt welle dry finde. Wär nid der Herr Thüring Rust mit sym ganze Gwicht für e neue Glouben ygstande, so hätti der Meischter Sterr am liebschte dem Renatus erklärt, da well er de nüt dervo wüsse. Nid daß er der Meinung gsi wär, me chönni nid uf beid Wäg sälig wärde; aber das het er bald use gschmöckt gha, daß under der Herrschaft vom neue Gloube sy Chunscht wärdi zu böse Tage cho. Me het ihm wohl gseit, es gäb no gnue ander Sache z’male, wenn’s scho jitzen uus sygi mit de Heilige. Aber der Meischter Sterr het syni Chunde gkennt und bald usgrächnet gha, daß, wenn der Yfer um d’Gottsäligkeit na der alte Mode nüt meh sölli gälte, d’Liebhaberei für gmaleti Schybe bald wärdi ufhöre. So isch es o bald gscheh, und hätti der Hans Sterr nid sys Schäfli am Trochene gha, so wär ihm nüt anders überblibe, als in e guet katholischi Stadt z’zügle. D’Bstellunge hei nah-ti-nah ufghört, und der Meischter het sy Zyt mit Arbeiten usgfüllt, wo-n-er zu syr eigete Freud gmacht het. Aber o der Renatus hätti bald nüt meh z’tüe gha, wenn jitz nid e neui Chunscht ufcho wäri, wo-n-ihm di beschti Glägeheit botte het, das az’wände, was er i de letschte Jahre so flyßig tribe het. D’Buechdruckerei het o z’Bärn Fueß gfasset gha, und da het’s Initialen und Helge gä i Holz z’schnyde. Der Renat het sech derhinder gmacht und bald alli Händ voll z’tüe übercho. Er isch mit descht größerem Yfer derhinder, wil sy Chunscht vor allem uus der Usbreitung vo der dütsche Bibel het chönne diene.

Jitz isch är sälber Meischter gsi und het, ohni daß er druuf usgange wär, i der Stadt öppis afa gälte. Im Chloschter z’Trueb het er allergattig glehrt gha, wo-n-ihm jitze z’guetcho isch und ihm’s müglech gmacht het, mitz’rede, wenn der Herr Berchtold Haller, der Herr Manuel, der Herr vo Wattewyl und di andere Fründe vom neue Gloube binenandere gsässe sy. Geng tiefer und feschter isch sy Überzügung worde, und mit däm Muet, wo us em Härz use chunnt, het er under de Handwärker d’Sach vom Evangelium verfochte.

I der Stadt het me bald vo nüt anderem meh gredt als vo der Gloubesänderung, und d’Lüt sy je länger descht hitziger anenandere grate. D’Ussichte vo der Reformation sy uuf und nider gange, bis du ändlech ds große Religionsgspräch im Barfüeßer-Chloschter, wo der Zwingli sälber derzue cho isch, dem neue Glouben ändgültig zum Sieg verhulfe het.


Am Vincänze-Tag sy d’Sigerischte mit Liechter i der Lütchilchen umegfahren und hei uf den Altäre d’Cherzen azündtet für d’Früehmäß. Dusse het’s no nid rächt welle tage, so daß d’Chilche fascht ganz fyschter gsi isch und di vile Cherzeliechter prächtig fyrlech usgseh hei. Aber ussert de Sigerischten isch kei Möntsch yne cho, und o vo de Chorherre het sech niemer la gseh. D’Sigerischte hei d’Chöpf gschüttlet und sech gfragt, was o das sölli gä. D’Cherze sy halb abe brönnt, und es isch niemer cho. Jitz isch me du i d’Propschtei übere ga frage, öb eigetlech kei Mäß gläse wärdi. Da het’s du gheiße, me söll nume lösche, und zwar für geng. Der Rat heigi verbotte, Mäß z’läse. Wo dä Bscheid i d’Chilche cho isch, het der Organischt d’Note vom Magnifikat ab em Pültli gno und in en Egge gworfen und i syr Töubi afa spile «O Judas, wie hast du deinen Herrn verraten!» D’Cherze sy eini um di anderi usblaset worde, und wo si alli verlösche gsi sy, het men erscht gmerkt, daß dussen e schöne Wintertag ufzogen isch. Dür di obere Fänschter sy hälli Sunnestrahlen i d’Chilche gfalle; da ghört me vom Platz här luti Mannsstimme, und bald druuf sy d’Chilchetüre sperrangel ufgfloge. E Huuffe Lüt sy yne cho und hei läbig dürenandere gredt, so daß es i de Gwölben obe dröhnt het. D’Orgelen isch verstummet, und d’Sigerischte hei verwunderet gluegt, wo das use welli. Hei di Lüt nid Bieli und Hämmer statt Rosechränz i de Hände? Fascht zur glyche Zyt sy o d’Türe vo der Chilchgaß här ufgange, und bald isch us em lute Reden es Brüel worde. Vor der Metzgere-Kapälle het sech e stämmige Metzgermeischter ufpflanzet, der Spalter gschwungen und brüelet, so gwüß daß eine der Altar vo de Metzger arüehri, so schlaj er ne grad uf em Platz nider. Me het no nid rächt gwüßt, was da druus söll wärde, so gseht me plötzlech im andere Syteschiff es paar Eselsohren über d’Banklähnen ufe luege. Jitz isch e Teil vo de Lüt dert übere gsprunge. Da isch wahrhaftig der Ratsherr Zehender uf menen Esel i der Chilchen umegritte, het ufbegährt und gschumpfe, wenn me doch däwäg mit der Chilche well umgah, so chönn men o grad e Stall druus mache. Me het ihm druuf g’antwortet, me sygi da, für der Wille Gottes usz’richte. Der Zehender hingäge het brüelet, es nähm ne-n-o wunder, wär der lieb Gott sygi ga frage. So het eis Wort ds andere gä, und gäb was der Zehender ufbegährt het, isch sy armen Esel gchlemmt und gstüpft und guslet worde, bis er mit sym Ratsherr im Galopp wider zur Chilchen uus isch.

Scho währeddäm het’s an allnen Orten i der Chilchen afa chrachen und poldere. Us de Sytekapälle sy Heiligebilder, Gitter und Cherzestöck i d’Chilchen use gfloge. Under de schwären Achs-Hiebe sy d’Altär zsämegchrutet, und mächtigi Stoubwulke hei sech under de Gwölbböge vüre gwälzt. Manne hei di verschyttereten Altär uf e Chilchhof use treit und dert es mächtigs Füür azündtet. Und währeddäm di einten under allerhand Spott d’Bychtstüehl zsämegschlage hei, sy di andere mit Leiteren a de Pfyler ufe gchlätteret und hei di hölzigen und steinige Heiligebilder us de Nischen abe gworfe. Da isch mängs Chunschtwärk i der Zyt vo menen Atezug z’Grund gange, wo eine villicht es paar Jahr dranne het g’arbeitet gha. Dermit sy aber o d’Verehrung und di fromme Gfüehl, wo dranne ghanget sy und us dene Figure würklech Götze hei gmacht gha, im Stoub ufgange. Da isch e heiligen Antonius mit abgschlagnem Chopf am Bode gläge, däm no di vorigi Wuchen e Ma us tiefschtem Härzesgrund alles mügleche versproche het, dert isch e heiligi Magdalena ohni Nasen über d’Steiplatte grollet, wo grad erscht no d’Lüt uf de Chnöie dervor gläge sy. Jitz het’s churz und chalt gheiße: Use mit dene Doggle!

E Ratsherr, wo däm Trybe zuegluegt het, het gmeint: «Wenn mit Dryschla und Vertrome di ewigi Säligkeit z’erstryte wär, so müeßt men einisch wäge de Bärner am Himmel no aboue.» Di Lüt hei nid dra dänkt, wi de d’Chilche nachhär wärdi usgseh. Di halbi Stadt isch zsämegloffe, und was jungs Volk gsi isch, het niemer welle d’Glägeheit versuume, für o irged e Tat cho z’verrichte. Da het der blind Yfer di hässigschte Finde zu gmeinsamer Arbeit verbunde. So het emel o der Bylang Chrigel, wo-n-er e Heiligefigur am Fueßändi glüpft und du dervo ufgluegt het, erscht gseh, daß ds Chopfändi i de Händ vom Heiri Harsädel lyt. Si hei sech en Ougeblick gspässig agluegt und nid gwüßt, öb si der Götz wider wei la gheie. Aber das hätti de chönnen Ägerschtenouge chlepfe. Der Gmeindshirt het sech hütt gspürt. Het er nid scho vor bald zwänzig Jahre gseit, es chömm de einisch es Gricht über d’Chilche? Und jitz het er sogar no dörfe ds Wärchzüüg sy vo däm Gricht! Da het er sech doch nid mögen ebha, dem Heiri z’säge: «Ähä, isch dr jitz ändlech o der Cherzestumpen ufgange?» — «Wart nume, bis mer dussen abgleit hei», git ihm der Heiri ume, «i will dr de mit dem Stumpe der Gring cho schmützge, dir!» Der Bylang het ihm aber du nid gwartet. I däm Gstürm, wo’s ungfähr zuegangen isch wi bi nere Brunscht, het überhoupt niemer Zyt gha, dem andere nache z’springe.

Zwüsche dene, wo sech nid hei chönne gnue tue mit Zsämeschla, sy aber o anderi Lüt umegloffe. Die hei mit allem däm lang verehrte Plunder e Wält gseh undergah, wo si bis jitze mit Lyb und Seel dranne ghanget hei. Si hei sech nid chönne vorstelle, wi me de in eren usplünderete Chilche no sölli chönnen andächtig sy. Nid wyt vom Hochaltar isch der Meischter Sterr gstanden und het mit Tränen i den Ouge dür di dicke Stoubwulken ufe gluegt, wo höch über däm Spektakel vo de Sunnestrahle verguldet worde sy. Es isch frylech scho lang nüt meh vo de heilige Grätschaften uf em Altar gstande; aber der Meischter het ihm trotzdäm no einisch uf de Chnöie Reveränz erwise. Druuf het er amene junge Möntsch d’Achs us der Hand gno und isch dermit i ds Chor hindere gange. Und wo me ne gfragt het, was er dert welli, öb men ihm sölli cho hälfe, het er chrydewyß vor Töubi gseit: «Es söll mer eine probiere, hinder d’Schybe z’grate, däm will i’s de ytrybe!»

Underdessen isch es du über e Hochaltar härgange. Es het nüt meh gä z’verschla drannen als der Altar sälber. Z’erscht hei nöue d’Lüt nid rächt derhinder welle. Es isch ne no chly gäge Strich gange, das Heiligtum, wo si so mängisch dervor uf de Chnöie gsi sy, ga z’verholze. Es syn ere gsi, wo sech dervor eifach gförchtet hei. Aber ändlech syn es paar Verwägeni doch mit ufzognen Achse druuflos cho, und der groß Huuffen isch hinder ne härgloffe. Da springt einen uf en Altar ufen und seit: «Halt! Z’erscht mueß no der Gchrüziget abe!» Scho het er dernah griffe, da chlätteret en eltere Ma uf en Altar und stoßt ne dervo zrück. «Das hingäge de nid!» het dä Greis gseit. «Das lan i nid gscheh! Vo den andere will i nüt säge, aber was Dä da für üs ta het, wei mer nid vergässe. Das söll de Lüte vor Ouge blybe, wenn si i d’Chilche chöme.»

Jitz hei di Vordersten ihri Brächwärchzüüg la sinke, und wär drum ume gstanden isch, het e Schritt hindertsi ta. Es isch undereinisch alles zum Stillstand cho. Und villicht hätti sech o niemer meh zueche trouet, wenn nid der Meischter Renatus Urghend vüre cho wär und gseit hätti: «Allwäg, wei mer’s nid vergässe! Aber Gott isch Geischt und die, wo ne-n-abätte, sölle ne im Geischt und i der Wahrheit abätte. — Ihn sälber wei mer heilig halten und abätte, aber nid Holz und Stei.» Alles het gschwige, währeddäm der Renatus ds Kruzifix losglöst und sorgsam abe gno het. Nachhär het er’s sälber uf e Rügge gno und uf e Chilchhof use treit. Und währeddäm si dinne der Altar i Trümmer gschlage hei, het er ds Kruzifix i ds Füür gworfe. Är sälber und alli, wo drum ume gstande sy, hei ihri Chappen abgno und, ohni nes Wort z’säge, zuegluegt, wi d’Flamme das letschten und schönschte Wahrzeiche vo der alte Chilche verzehrt hei. Ändlech het sech der Renat umgchehrt und zum Volk, wo hinder ihm gstanden isch, gseit: «Was Möntschehand gschaffe het, wei mer nid abätte; üse Heiland isch uferstanden und läbt und wott, daß mir ihm läben im Geischt und i der Wahrheit!»

Alli Lüt hei ne mit großen Ougen agluegt, und eine het zum andere gseit: «Isch das nid der Urghend, der Fündlig?» — Aber keine het ihm dörfe widerrede, si hei alli Reschpäkt gha vor ihm.

Mit feschte Schritte, der Blick graduus, isch der Renatus zum Chilchhof uus gange. Da chlopfet ihm öpper uf d’Achsle — der Herr Niklaus Manuel — und seit:

«Das höltzin Heiltumb ist verbrunnen,
Deß grämend üch, ihr Christen, nit.
Jetzund bricht vür der Wahrheit Sunnen
Und hebet an ein bessre Zyt!»