Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 18

Di einzigi Heiligi vom Chloschter Inderlachen isch wider in ere Verzückung. Atelos und verstuunet stande d’Schwöschteren um ihres Bett ume. Eini zündtet mit mene Cherzeliecht. «Si gseht öppis», chüschele si enandere zue. «Was seit si? — Was gseht si ächt?» — Niemer cha errate, was di bleiche Lippe bätte. Der Blick geit eso dütlech i d’Wyti, daß men uf d’Syte geit, für ihm nid im Wäg z’sy. O, di guete Froue! Es chönnti e chlafterdicki Muure dastah, d’Schwöschter Angelika gsäch einewäg, was si gseht. In ere fyschtere Chilche stande Manne, Mönchen und Ritter. Vili Cherzen und Lämpli flämmle. Der Widerschyn zitteret uf Guld. Es isch nid rächt z’errate, was da glänzt, ob Lüüchter, Chettene, Chrüz oder was. A de Wände schimmeret’s o guldig. Da sy chüniglechi Gstalten ufgmalet uf Guldgrund; aber Schätte fahre drüber, verwüsche ds Bild, fahren a mene Gwölbbogen ufen i di großi Fyschteri. Wohl, jitz lüüchtet us nere schwarze Nische ganz schwach es Kruzifix uuf und verschwindet und chunnt wider. Vorne, zwüsche de Schätte, sy Lüt. Der Liechtschyn lyt uf breiten Achsle, uf Chöpf, uf gschorene Höupter, aber z’mitts drinnen uf... uf mene starke, ungschorene Chopf, uf Haare, wo me kennt. Was mache si? Es isch alles wi i mene Näbel vo Weihrouch. Dert steit einen i mene schwarze Mantel mit mene wyße Chrüz druffe vor em Altar, e Ritter, dernäben e Barfüeßer-Mönch. Dä list us mene Buech.

Si rede mit däm andere, Barhöuptige. Er git nen Antwort. Jitz chnöiet er nider. Der Ritter zieht sys Schwärt und het’s däm, wo chnöiet, dar. Und dä bückt sech tief aben und drückt d’Lippen uf ds Schwärt. Jitz schlat ihm der Ritter drümal mit dem Schwärt uf d’Achsle, ganz langsam und fyrlech. Dä, wo chnöiet, steit uuf. Me gürtet ihm ds Schwärt um, der Ritter schnallet ihm guldigi Sporren a. Si näme ne-n-obenynen und tuusche Küß mit ihm.

Es schattet über se. D’Schwöschter Angelika gseht nüt meh. Wohl — si schlat d’Ougen uuf, isch i ihrer Zälle, gseht dür ds schmale Fänschter der Tannewald am Bärg im Mondschyn und ghört d’Lütschine ruusche. Ihri Ouge strahle schöner als je. D’Schwöschteren um se-n-ume sy überno, wüsse nid was säge, troue sech schier nid z’frage, ob si öppis möchti. Si macht e lysi Bewegung mit dem Chopf: Nei. Es herrlechs, fridlechs Lache lyt uf ihrem dürsichtige wyße Gsicht. Me gseht: Es isch nere wohl. Ganz hübscheli, daß me’s chuum versteit, seit si: «Seid fröhlich in Freuden, alle, die ihr in Trauer waret!»


Währeddäm das im Frouechloschter vo Inderlache gscheht, chöme Ritter und Mönchen us der Grabeschilche vo Jerusalem uf ne chlyne Platz use. Si standen im tiefe Schatte vo höche Muuren und lose scharf i di toppi Nacht. Der Mond geit hinder silberig gsoumete Wulke. — Es isch nüt Verdächtigs umewäg. Ohni Lut z’gä, gange si uf bösem Pflaschter dür übel schmöckigi, dumpfi Gassen uf e Bärg Zion, i ds Barfüeßer-Chloschter. Dem Herr Adrian cha’s das Gheimtue nid. Er wär lieber a der Tagheiteri zum Ritterschlag i d’Chilche vom Heilige Grab gange, und wenn’s es paar Türgge gchoschtet hätti. — Aber das isch jitz halt eso a der Ornig. Wenn me’s anders wetti zwänge, so würdi Jerusalem im Bluet schwümme.

Und jitz sitzt er da, im Refektorium vo de Barfüeßer. Dür d’Fänschterböge, wo höch oben a de Wände sy, fallt der erscht Tagesschyn uf di gmalete Muure. Di paar Cherze, wo no uf de Tische brönne, hei nüt meh z’säge. Der Ritter isch muetterseelenallei. Wenn’s doch taget, so löscht me di trüebe Liechter, dänkt er, steit uuf und blaset se-n-uus, und du setzt er sech wider a d’Wand und stuunet vor sech ane. Es isch öppis wi nes höhnisches Lachen um sys Muul ume. Hm, dänkt er, jitz bin i also Ritter. Jitz müesse si mer’s de gloube. — Was isch jitz anders a mer? — Was si mir da vorgläse hei i der Chilche, han i längschtes alles gwüßt. Das het men is doch scho z’Dijon yblöut: pro summo amore summa fidelitas. Was e Ritter sy söll, das bin i gsi, scho lang. Und wär i’s nid, so wär’s besser, es schlüeg mi eine z’tod. Anderi loufe gnue umenandere. Aber so isch halt d’Wält. Nid, was men isch, gilt, nume was me schynt. Also mynetwäge. Wenn ech der Ritter meh seit als der schlächt und rächt Adrian vo Buebebärg, so syg’s! Di Ächte gseht dir nid, aber z’gspüren überchömet dr se.

I bi doch nid dahäre cho, für de meh z’gälte. Nume wägem andere bin i cho. — Der Ritter dänkt a ds Vreneli. — Das het er welle cho abbüeße. Für das het er Gfahr und Not und Müehsal uf sech gno. Er isch nütem uswäg gange. Wi mängisch underwägs het der Jakob Erk gwarnet: «Junker, nid dert düre, nid dises und nid das, es chönnti fähle!» — «Äbe grad drum», het er de albe g’antwortet. Juscht das het er welle, dem liebe Gott Glägeheit gä, ne z’strafe. Und jitz isch ihm nüt gscheh, gar nüt. Jitz chönnt er o der Chopf ufha und der Chifel stelle, wi alben am burgundische Hof di übersüünige Junker nam Ritterschlag.

Nei, ihm isch es grad umgchehrt ergange. Trotzig und ufrächt isch er dahäre cho; chly und duuch fahrt er hei. Öppis het er erläbt, aber ganz öppis anders, als er gsuecht het. Er het sech i Chopf ta gha, der lieb Gott müessi gruusam Freud an ihm ha ob der Wallfahrt, ihm säge: «Ei, du frommer und getreuer Knecht!» und ihm de das Bsinnen a syni Vreneli-Sünde mit dem nasse Finger dürtue, daß er hälluuf ume ga Spiez chönnti. Und jitz isch öppis ganz anders gscheh. Di Nacht, am Heilige Grab, isch ihm uf d’Seel gfalle, was doch alles das Vorrächne vo Brävi und Tuged für Dräck sygi, sobald men i d’Neechi chunnt vo däm, wo sech für d’Möntschen und vo de Möntsche het la chrüzige. Da het er uf alles das, was um ihn ume gangen isch mit Schwärt und Sporren und Singen und Läse, gar nüt meh g’achtet. Numen ei Gedanke het er no gha, rächt lang, ja, für geng gspüre, was er da ne Momänt gspürt het: Nüt gilt vor Ihm, gar nüt als ds reumüetige Vertrouen uf Gottes Barmhärzigkeit. Wenn men i däm Läben öppisem söll Ehr atue, so isch es die Barmhärzigkeit.

So versunke finde d’Barfüeßer und di andere Herre, wo si wider vo ihrnen Andachte chöme, der Ritter. Si meine, er heigi Schlaf, und bringen ihm z’ässen und z’trinke. D’Sunne schynt glaarig uf d’Wandgmäld und verschüücht mit de letschte Nachtschätten o alles Nachesinnen über das, was dem Herr Adrian i der Nacht ufgangen isch. «Wi schad!» seit er, und niemer begryft, was er dermit meint.


Es paar Tag druuf isch der Herr Adrian mit den andere Ritter und de Knappe dür d’Wüeschti gritten und ändlech wider vor de Muure vo Jaffa aglanget. Es isch nid z’säge, wi gärn si da us ihrne Sättel abgsprunge sy. «Gott sei Dank», het er zum Jakob gseit, «jitz han i Esels gnue. Das Trääble dür e Sand uus verleidet eim. I freue mi scho uf myni Roß.» Si hei di läng g’ohrete Pilgerhängschten abgä und sy no stolz gsi druuf, daß ne niemer d’Stygbügel under de Füeß wäg het gstole gha. Sünsch isch ne mängs abhande cho und im Gstank und Dräck vom vertürggete Globte Land zrückblibe. Mängem het der Tod us em Hinderhalt dröit, aber o us verpeschtete Strouseck und us em Trinkgschirr. I de Tore vo Jaffa isch es ne no einisch äng und ungmüetlech worde. Aber du uf den alte Hafemuuren usse, wo der Silberschuum mit mächtigem Donnere höch i di guldluteri Luft ufschießt, da het’s ne gwohlet. O Gottesherrlechkeit, das Meer! — Di blaui Wyti, di Himmelsgrößi! Und z’beidne Syte, so wyt me gseht, loufen ändlos und ewig di prächtige Schuumlinien a ds Land und ruusche, ruusche: me möchti sech uf d’Muure lege, i Himmel ufe luegen und lose, nume lose! Alles i eim inne geit uuf und lat sech usenand. Me isch luter Luft und Sunne. Di junge Ritter fülle sech di breiti Bruscht und hei d’Ouge voll großi Vorsätz, vo allne villicht am meischte der Herr vo Spiez. Er dänkt a Wändelsee, wo zwüsche de Bärge mit sym Spiegeli gvätterlet. Ja ja, dert yne mueß o no Wyti! Myni Buebe sölle’s merke, daß i ne Bitz Wält gseh ha! Der Philipp chunnt jitz in es Alter, wo men öppis us mene junge Möntsch cha mache.

Mit der Abedsunnen i de bruune Sägel isch d’Galeeren i ds Blaue gwalpelet, und ihre Spitz het mit de Schuumchämme gspasset, wo vor Freud ob dene tateluschtige Ritter an ihm ufe gumpet sy, wi Hündli, wenn si uf d’Jagd dörfe. Ds Heilige Land — no het men e fyschterblaue Bärgrügge gseh und es paar Palmewädel vor em lutere Himmel — isch zum Troum worde. Und du Wasser und Stärne. Sünsch nüt meh.