Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 2

Der Junker Adrian isch wider einisch bi sym Lehrer, bim Herr Eulogius Kyburger, i der änge nidere Stuben im Paradies z’Einige gsässe. Alli Wuche zwöimal isch er derthi gwanderet. Der Herr Eulogius wär lieber ga Spiez übere cho, wil niemer mit läärem Mage vom guldige Hof hei isch; aber me het gfunde, es schadi dem Junker nüt, i ds Paradies übere z’loufe, und es luegi meh derby use, wenn men i der Studierstube vom Chilchherr a d’Arbeit gangi. Wältsch het er sölle lehre, Latin und sünscht no allerhand. Aber mängisch, wi emel o hütt, isch es weder dem Lehrer, no dem Schüeler hert um das z’tüe gsi, was si hätte sölle. D’Stuben isch fyschter gsi. Es Gnusch vo Büecher, Papier, Pärgamänt, Tinte, Farbchacheli, ungwäsches Äßgschirr, Lümpe, Chleider, alles an allnen Orte, nüt a sym Platz. Und gstunke het’s. Und vor em Fänschter usse, vor em himmelblaue See e purpurroti Hoschtet vo Chirsböum. D’Sunne het uf di silberige Stämm zündtet und uf ds gääle Loub vo den Ösche, so daß sogar uf em glehrte Minggis vo ds Pfarrers Stuben öppis wi nes Freudeschynli glägen isch. Me cha sech dänke, das dem Adrian syni Gedanke meh vorussen als bi der Wüsseschaft gsi sy. Si sy dem See und de Bärge nahgstriche, grad wi dert äne di liechte Näbelfähnli am Sigriswyl-Grat.

«Junker, Junker, mer sötte vorwärts mache», mahnet der Herr Eulogius, «wi weit Dir sünsch dürecho i der Frömdi, wo men üses Dütsch nid versteit?»

Da lachet der Adrian: «Heit nid Chummer, Herr Pfarrer, i will de scho rede, daß me mi versteit.» Und derby streckt er sech, daß der Chilchherr schier förchte mueß, sys ganze Hüsi gang ihm us de Fuege. Übrigens isch der Herr Eulogius nid vil besser bi der Sach gsi als sy tribchreftige Schüeler. Er het nie möge gwarte, für däm di letschten und neuischte Pärgamäntböge vo syr Chronik vo de Strättliger Herre z’zeige. Di grüüslechschte Sache het er dert drinne näben allerhand lehrryche Gschichten und Märe zsämetreit, und der Zwisel vom Ganze het de ne Panegyrikus uf ds Huus Buebebärg sölle wärde. Scho das isch dürsichtiger gsi als der Chronikschryber gmeint het; aber er het syni gheime Wünsch no uf anderi Art verrate.

Sit der Bärejagd uf der Gornere het der Junker öppis mit sech umegchräzet, wo-n-ihm je länger descht meh z’tüe gä het. Es isch eine halt übel dranne, wenn er mit niemerem über settigs cha rede. Der Narr, dä het drum gwüßt und der Jakob, aber was nützt es, Lüt ga z’frage, wo eim ab den Ougen abläse, was me gärn ghört und eim de o dernah rede! Villicht hei no ander Lüt öppis gmerkt. Dem Junker isch emel ufgfalle, daß sit der Jagd, jitz schon es gschlages Jahr, der Vatter ihm uuf und nachen isch, daß d’Muetter ne hüetet wi ne zwöijährige. Nie meh het er allei uf d’Jagd chönne, und alli Bott het ne der Vatter mitgno ga Bärn oder uf d’Herrschaften und wyter i ds Land abe. Nie, nie meh het men ihm der Zoum e chly lugg gla. Aber hüetet e Kärli wi der Junker Adrian, wenn der Torwart und d’Chnächte ’s mit ihm hei! — So het di Sach nid chönne zur Rueh cho, und niemer isch derby übler plaget gsi als der Junker sälber. Er het vo Tag zu Tag dütlecher gspürt, daß das, was är im Chopf het, und das, was sy Vatter mit ihm im Sinn het, usenand wott, und hätti gärn dä gfunde, wo-n-ihm mit Autorität sieg: Du bisch zwar uf em lätze Trom, aber Treui isch Treui, und wenn me mit guetem Wille bi nere lätze Sach isch, cha si am Änd sech no grede.

Im Gstrüpp vo syne Gedankegäng isch er du ändlech uf ne Blütti use cho, wo’s ne dunkt het, da tagi’s, da syg Liecht. D’Chilche! Der Prieschter! Der Bychtstuehl! — Er isch du zwar nid mit dem Chilchherr i ds Chilchli übere ga härechnöile. Grad d’Strättliger-Chronik het ihm ds Trom i d’Händ gspilt. Wo der Herr Eulogius ihm wider so ne Mär vo Treui i der Liebi vorlist, seit er: «Jitz loset einisch. Hochwürdige! Wenn so eine — i meine zum Byspil so ne Herr vo Strättligen — es Buremeitschi gfunde het, wo’s ne dunkt, es passi bsunderbar guet zue-n-ihm, und das Meitschi ds glyche vo ihm findt und ihm z’Willen isch und är nümme von ihm cha la und Tag und Nacht nüt meh anders gseht als das Meitschi, was söll er de?»

Jitz hätti na ds Junkers Meinung und Erwarte d’Antwort sölle cho: De git’s halt numen eis, dä Jüngling, und wenn er Prinz vo Savoye wär, het das Meitschi z’hürate. Di alti Meinung, daß uf nes Schloß en Adeligi ghöri und daß d’Meitschi us em Volk da syge, für daß di junge Herre se-n-abstrupfen und dänne gheie, bruuchi nid ewig z’gälte. — Statt däm macht der Herr Eulogius es paar glänzigi Blinzöugli und seit: «Was söll er mache! Di Herre vo Strättlige... Me bruucht ja numen i där Chronik da nachez’blettere. Es isch chuum eine, wo nid öppen einisch so ne Dummheit gmacht hätti. Aber si hei gwüßt, was si z’tüe hei. Hie, i d’Chilche vo Sankt Michael zum Paradies hei si ne frommi Stiftung gmacht, und de sy si druus und dänne gsi. Hein e Frou chönne hürate, wo zue ne passet und dem alte Stamm neue Glanz gä het.»

Da luegt der Junker sy Lehrmeischter vo obe bis unden a und fragt: «Isch das Strättliger-Bruuch?»

«Das isch... das isch... prudentia serpentium. Es isch allne ghulfe dermit.»

Uf em Heiwäg het du der Junker öppis gha z’dänke. Es het ne-n-im Spiez-Moos mächtig zoge, hinder em Hondrich düre z’schlüüffe, gägen Äschi und Faltschen ufe; aber er het gwüßt, daß men im Schloß uf ihn wartet, und der Momänt isch no nid cho gsi, dem Vatter i där Sach d’Stirne z’biete.

Blybt no der Unggle Hans, der Chilchherr uf em guldige Hof. Dä, scho ganz nach am Grab, würdi ganz gwüß anders rede. Dä het d’Wält mit ihrer Ungrächtigkeit hinder sech. Dä lat sech nüt meh vormache.

Nach em Veschperglüt isch der Junker zur Schloßchilchen überen und het richtig dert sy Bychtvatter und Unggle gfunde. Uf sym gwanete Bänkli isch er gsässe hinder em Chor und het de Bärgschätte zuegluegt, wi si uf e See use schnaaggen und wi d’Fluehzaggen und Grät änet dem See no so rosig vor em chaltblaue Himmel stande. Er het geng Freud gha, wenn der Adrian zue-n-ihm cho isch und sym längfädige Brichten abglost und zwüschenyne sälber öppis erzellt het. Grad het er dem Jungen öppis welle säge vom Chloschter Inderlache, da fallt ihm der Adrian dry: «Unggle, wär jitz das e schröcklechi Sünd, wenn einisch üsereinen es Meitschi us em Volk zur Frou nähm?»

Der Junker sitzt uf der Terrassebrüschtung und cha uf eismal nümme so zilsicher i di alte grauen und geng no so klare Prieschterouge luege. Verläge sänkt er der Chopf, lat syni länge Locke vüre hangen und spitzt derhinder d’Ohre.

«Du hesch di doch nid öppe scho mit eim ygla?» fragt der Herr Hans. Und der Junker zuckt mit den Achsle.

«Nimm di in acht, Adrian!» fahrt der alt Herr furt. «Froue, si möge sy, wär si wei, sy nie derfür da, daß me Muetwille mit ne trybt. Das darfsch jedefalls nid vergässe! Entweder — oder! Das wär ds einte, und ds andere heißt: Ehre Vatter und Muetter! Adrian, das la der gseit sy! Du weisch, was si dänke. — Si kenne d’Wält und wüsse, was es bruucht, du nid.»

Du isch es lang still blibe, bis der Prieschter wider afat: «Chumm, jitz dahäre, näbe mi!»

Der Adrian tuet, wi gheiße, und der Chilchherr leit ihm der Arm um en Äcke, damit ihm der Jung chönni i ds Ohr rede.

«Säg mer, Adrian...!»

Da chunnt uf der Suechi nam Junker der Narr um en Egge. Der Adrian springt uuf und erwartet ne mit ballete Füüscht, wi parat, ne-n-über d’Muur abe z’schmeiße.

Blitzgschwind het der Hänsli Hofmeischter sys böse Muul binenand. «Nüt für unguet», seit er, «i wott wyters nid störe, ha der nume welle säge, du söllisch emel de nid vergässen o no z’bychte, was du myr arme Gyge z’leid ta hesch. Was söll i jitz morn z’Oberhofe?»

«Nume lache», antwortet der Adrian, «das Chlöhngätzi hei mir morn nid nötig.» Dermit isch di ganzi Fyschteri vo ds Junkers Gsicht uf das vom Hänsli übere züglet.

«Du!» git ihm der Narr mit schlächt versteckter Töubi ume, «du bisch de villicht no einisch froh über mys Chlöhngätzi, wart nume!» Dermit isch er wider um en Eggen und furt.

Der Chilchherr steit uuf. «Mir sy hie nid under üs», seit er zum Junker. «Chumm du!» Er geit ihm vora zur Chilchstüre. Underwägs fragt er: «Was hesch mit ihm?»

«Ach, es wär sech derwärt! I ha geschter ne Senne bruucht a my Armbruscht, es isch e große Vogel umewäg gsi. Da han ihm halt d’Saite vo syr Halsgygen abtrönnt und zsämetradlet.»

Der Prieschter lachet und seit: «Nid schad! — Für syni nütnutzige Gsätzli.»

Dermit hei di schwären Angle vo der Türe gyret. I der Fyschteri dinne het me nume ds Stärnli vom ewige Liecht gseh und es paar dunkelfarbigi Fläcken i de Chorfänschter. Da hätti se niemer meh gstört. Der Prieschter macht e Bewegung mit der Hand, er söll hinder ihm här yne; aber der Junker blybt vorusse stah, luegt yne, luegt über ds Fridhöfli wäg. Er hätti nid gärn, wenn me ne gsäch a Bychtstuehl gah. «Morn de», seit er, «oder übermorn.»