Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 24

E Ton wi der chrachigscht Orgelebaß us der Gurgle vo ihrem Ma weckt zmitts i der Nacht d’Frou Jeanne i ihrer toppheiße Schlafstuben a der Junkeregaß. «Us em Bügel! Us em Bügel!» rüeft er. — «Was git’s? Was hesch?»

«Nüt.»

Er dräjt sech uf di anderi Syten und tuet derglyche, er schlafi wyter. Aber er blybt erwachet. Nei, es isch nid nüt. Er het im Troum der Philipp gseh dervo ryte, über e Spiezerbärg, der Flueh zue, wo si i See abfallt. Er weiß, was das bedütet. — Isch’s ächt no nid bald Morge? I mueß ga luege. Gschej mira hie, was well! Es isch my Bueb, my eltischte. Hütt no ryten i ga Spiez ufe. Hütt no.

Und wo-n-es taget, geit er ga d’Chnächte wecke. — «Der Grauschümel!»

«Ja, Herr Ritter, aber er het es Yse lugg.»

«So ganget mit ihm i d’Schmidte!»

Der Chnächt trabet ab.

Drü-, viermal chunnt der Herr Adrian under ds Hoftor. «Wo blybt er o mit däm Roß?» — Der Frou Jeanne macht di Urueh Sorge. Isch ächt öppis lätz z’Spiez?

Wo-n-er zum viertemal under ds Hoftor geit, chöme der Schultheiß und der Junker Matter d’Louben ab.

«O scho uuf? — Was git’s?»

«Adrian», seit der Schultheiß, «du muesch hütt cho rede! Si hei d’Sach vor e Große Rat zoge. Es geit um üsi verbriefete Rächt.»

«So mueß halt en andere rede! Es cha’s eine so guet wi der ander. I mueß hütt ga Spiez. — Zletscht und am Änd isch es dem Diesbach sy Sach!»

«Nei», seit der Schultheiß, «üsi Sach isch es, dyni und myni, oder besser gseit, es geit um Bärn!»

«He nu, und du bisch Schultheiß!»

«Äbe drum! I cha nid i myr eigete Sach rede.»

«Ritter», seit der Junker Matter, «dasmal müesset Dir dra gloube. Euch lose si no. Dir heit se-n-im Fäld gfüehrt.»

Und jitz chunnt no der Herr vo Mueleren über d’Gaß.

«Adrian», seit er, «gället. Dir löjt is nid im Stich! Mir dörfe’s nid la druuf abcho. Es geit um nüt Gringers als um Bärn. Wenn mer jitz ds Hefti us der Hand gäbe...»

Da gseht der Herr vo Spiez sy Chnächt mit dem Schümel vo der Schmidte cho z’trabe.

«I Stall!» befihlt er.

«Söll i nid sattle?»

«Nei, i ryte nid.»

Der Ritter heißt di Herren yne cho, damit si no chönne berate, was gah söll.

Ne Stund später dröhnt d’Rät- und Burgerglogge. Si standen uuf. A der Stäge fragt d’Frou Jeanne: «Und du geisch nid ga Spiez?»

«Es söll, schynt’s, nid sy», antwortet der Ritter und geit mit dene Herren i ds Rathuus.

Mit ärschtige Schritte chöme — Burger us de vorderen und us de hindere Gasse. Di Handwärchsmanne luege dry, wi wenn alles scho abgmacht wär. «Hütt näh mer ech bim Ringgen, ihr Herre!» sägen ihri trotzig verabredete Gsichter.

Und das im Ougeblick, wo d’Wält afat i ds Rütsche z’grate, dänke di Herre, wenn da nid der Bös im Spil isch!

D’Lüt standen uf der Gaß umenanderen und luege de Rät und Burger nache, wi si d’Rathuusstägen uuf gange. Me weiß, hütt git’s en Usmachete. Es isch nächti no lang Liecht gsi i de Zunftstuben und i de Wirtshüser.

Aber was wetti da z’gseh sy? Si rede nid emal mitenand. Me weiß nid, wär hinder, vor und näben eim d’Stägen uuf chunnt.

Wo der Ritter vo Spiez mit syne Herren i di großi Ratsstube chunnt, hocket’s scho da wi müttigi Seck i mene Spycher, ei Chlumpe. Me gspürt, wi das laichet. Es dunschtet nume so. Der Herr Adrian dänkt, was treit’s ab, a dä Burgermuttech ane z’rede? I hätti äbesomähr ga Spiez ufe chönne. Aber item, ob’s öppis pattet oder nid, ghöre müesse si’s!

Wil der Schultheiß Partei isch, präsidiert hütt der Venner Chischtler. Er resümiert, was geschter gangen isch. Hütt söll erchennt wärde, ob ds Rächt, der Landfriden usz’rüefen, und ds Rächt, d’Bueße für e Fridesbruch yz’zieh, der Stadt ghöri oder de Twingherre. Di Herre hei’s verbriefet, aber der Burgerchlumpe wott’s anders. Der Venner Chischtler, dick und rot, glänzt nid nume vor Schmär, schier no meh vor Stadtvätterlechkeit und Burgerbrävi, wo-n-er bhertet, jitz syg’s nümme bloß um d’Asprüch vom Herr Niklaus vo Diesbach z’tüe, es gangi alli Twingherren a. Dene müeß jitz einisch gseit sy, was Gattigs. Ihm syg e dreitägige Bärner no lang lieber, wo de o der Stadt gönni, was ihre ghöri, als di alte Bärner, wo geng nume ds Wasser uf ihri Müli reise. Da rangglet’s i de Reie vo de Twingherre. Der Stadtschryber pfyft zwüsche syne Zähnde düre, und der Seckelmeischter Fränkli, wo der Chischtler ne-n-um sy Meinung fragt, seit nume: «Me sötti meine, der ganz Rat wäri übelghörig. I ha my Sach gseit.» Eint und andere Handwärchsma, wo’s nid cha verworgge, daß der Seckelmeischter zu de Twingherre steit, lachet. Aber jitz wird’s still. Der Venner het dem Herr Adrian ds Wort gä. Scho d’Art, wi dä dasteit und se mit syne ysegrauen Ougen aluegt, gschweigget di Ratsmanne.

«Dir heit’s ghört, myni gnädige Herre», seit er zum Burgerchlumpe, «wi’s der Venner Chischtler meint. Was vo den alte Gschlächter no da isch, söll nüt meh gälte. Aber i möcht ech gfragt ha: Wäm verdanket d’Stadt meh, den alte Gschlächter oder dene Dreitägige, wo sech nume z’Bärn yburgeret hei, für vo der Stadt z’profitiere? Dir vergässet, wi’s gangen isch! Hätte nid di Ritter uf de Herrschaften um d’Stadt ume Mannschaft und Gäld härgä für d’Stadt, so würdet dir nid hie tage. Si sy usgrückt für Bärn, si hei d’Chriege gfüehrt und o ds Gäld derfür gä. Ohni si ghörti keis Land zur Stadt. Si hei’s eroberet, und mit ihrem Gäld isch no meh derzue gchouft worde. Und was si der Stadt und de Chlöschter und fromme Stiftunge vermacht hei, vo däm wei mer nume gar nid rede. Me cha wohl säge: di Gschlächter hei us Bärn gmacht, was es hütt isch. Und jitz chömet dir, wo warm yneghocket syd und no nüt ta heit für d’Stadt, und weit üs andere cho Rächt vorha und Freiheite, wo Cheiser und Chünige der Stadt sölle gä ha, dir, wo vo Rächt und Gsetz weder gix no gax verstandet! — Was heit dir afange für d’Stadt ta? Wenn alben euereine voruse gschickt wird und öppe ga Stettlen oder Höchstette mueß ryte, so verrächnet dr dem Stadtseckel jedes Wurschtschybli, wo dr frässet. Aber wenn’s de drum z’tüe isch, zum Cheiser, a d’Fürschtehöf, nach Frankrych, Burgund, i d’Niderland oder nach Savoye z’ryte, wo me de mueß e Gattig mache, wenn me wott Ghör übercho, ja, da derfür sy mir de hurti guet. Und zale dörfe mer’s us üsem Sack! Wär isch i dene letschte Jahre gange? — Der Herr Niklaus vo Diesbach, üse Herr Schultheiß, der Herr alt-Schultheiß vo Ringoltingen und ig. Was mi ageit, so han i sit dem Tod vo mym Vatter — i chan ech’s nachewyse — füfhundert rhynischi Taler für d’Stadt verritten und nüt umeghöische. Es reut mi nüt. Üsi Vätter hei no meh ta für se. Es isch mer nume leid, daß i de Handwärchslüte, wo mir d’Usrüschtung gmacht hei, ha müesse Gäld schuldig blybe. So isch es, und di andere drei Herre hei allwäg nid minder tief i Sack greckt.

Und jitz chömet dir und weit is üsi Rächt näh! Dir nähmtet is am liebschten alles wäg, damit mer nüt meh chönnte tue für d’Stadt und dir is emel ja kei Dank schuldig wäret! Mir sötte nüt meh sy, aber under euch syn ere, wo grüüslech gärn als Junker und gnädige Herr möchten agredt sy. Dir wüsset wohl, warum dr ekei Blick heit welle tue i üsi Briefen und Urchunde. Dir möchtet lieber nid schwarz uf wyß und versiglet gseh, was ech nid i Chram passet, damit dir üs descht unverfrorener chönnet vorha, mir trybe Muetwille mit der Stadt und tüejen ech usnutze. — Säget is doch einisch, mit was mir euch usnutze! Säget’s! — Säget’s, ihr Herre Handwärchsmeischter! — Verbruuche mir öppe nid üses Gäld hie i der Stadt, i eune Wärchstatte? Verchoufe mir euch üses Chorn nid um zwe Plappart billiger als d’Bure, he? — Füehre mir nid üse Wy i d’Stadt und zalen Ohmgäld und Böspfennig druffe, wo mer ne ja dusse grad so guet chönnten ychälleren und verchoufe?»

Der Herr Adrian gseht, daß si us de hindere Bänke der Chopf schüttlen und giechtig lache. Und eine ghört er zwüsche d’Chnöi abe brösme: «Ja, ja, hie i der Stadt trybet dr ke Muetwille mit is, aber was vorusse geit...»

«Was geit vorusse? — Säget’s nume, wenn öppis z’sägen isch! — I weiß, was Dir meinet, Meischter. E jede trouet dem andere zue, was er sälber gärn tät. — Aber wenn eine da sitzt, wo dörfti chlage, mir heigen ihm sy Sach gno oder Frou oder Tochter agrüehrt, so söll er davüre cho und ’s fräveli säge. I bin ech guet derfür, es isch keine da. Hindenum Verbrüelen und vor Züge Härestah isch äbe zwöierlei!

Dir wüsset nume z’guet, daß es so isch, und drum heit dr nid lugg gla, d’Sach eso z’dräje, daß mir alli im Handel vom Herr vo Diesbach Partei sygen und müesse der Ustritt näh. Hinder üsem Rügge weit dr bschließe. Mir chönnten ech das verha, wenn mer wette. Mir bruuchte numen üsi Lüt zsämez’rüefe, und de chönnte mer mit der Stadt mache, was üs gfiel. Aber das mache mir nid, d’Stadt isch üs z’lieb. Mir wei se nid für nüt bouet und gmehret ha. Mir schlan ech vor, gnädigi Herre, setzet es unparteiisches Gricht zsäme. Tüet dry, wän dr weit, wenn’s nume Rächtskundigi sy. Dene wei mer der Handel vorlege, und mir verpflichten is scho jitz, ihre Spruch az’näh, er ma de usfalle, wi-n-er wott. Mir hei derby nüt anders im Sinn als der wahr Nutze vo der Stadt.»

Meh als hundert Chöpf hange tief vorabe. D’Ratsstube gseht uus wi ne ghaareti Bschüsi. Und me gspürt: Under der Bschüsi heißt’s eifach: ä’ä! Mir wei nid u fertig! — So geit’s halt i der Demokratie. Da isch nüt so glashert, wi was i der Luft lyt. Da chönne d’Ängel vom Himmel ihri Gygen umhänken und gah, es wirft ne niemer es «Dank heiget!» nache.

Di Herre vom Adel wärde gheißen abz’trätte, und du tuet der Venner Chischtler in ere hässige Red alles dür, was der Ritter vo Spiez gseit het. Me macht der Seckelmeischter no einisch z’rede. Wi froh wäre di Burger, wenn er ne doch nume wetti um das vorgschlagene Gricht ume hälfe! Zerscht begährt er nid z’rede. Und wo si-n-ihm nid Rueh löj, haltet er ne der Gotts Willen a, si sölle Vernunft anäh und’s nid muetwillig mit dene Herre verderbe; aber syni Wort gangen under im Rurre, Ufbegähren und Lache vo dene rotbrächte Gsichter, wo jitz wider d’Nasen i der Luft hei. Me rangglet, steit uuf und brüelet dürenandere. Der Venner mueß scho sy Metzgerstimm vürenäh, für la abz’stimme. Di großi Mehrheit wott’s la druuf abcho, wär Meischter blybi, und ds Gricht wird verworfe.

Der Tschuepp isch uus. Si machen im d’Stägen-Abgah meh Lärmen als im Ufecho, und bald druuf tschäderet’s und chlingelet’s übermüetig i allne Trinkstube. — «Dene Donnere hei mer’s gseit! Jitz nume fräveli wyters! Mir löj nid lugg, gäb der Chischtler Schultheiß und im Rat alls üses isch!»

Wo du aber i de nächschte Tage vor de Hüser vom Adel gsattlet und gschirret und packt worden isch, wi für längeri Zyt, het’s du scho i eint und anderer Boutique gheiße: «Es wär doch am Änd gschyder gsi, me hätti en andere Rank gsuecht!» Dussen aber isch vo Schloß zu Schloß d’Abred gange: «Löjt se mache! Si wärde de scho murbe!»


Bald na Oschtere sy ihrere nes paar gägen Aben i der Trinkstube vo Metzgere binenandere gsässen und hei sech’s la wohl sy bi nere Channen Inselwy. Si hei uf e Meischter Chischtler gwartet. — Wo blybt er o?

Ändlech geit d’Türen uuf, und hinder zweene Manne fallt si unnötig ruuch i ds Schloß. Me het der Chischtler sünsch als e gsprächige Ma gkennt, und sy Fründ, der Gärber Irreney, het o für eine gulte, däm geng öppen öppis z’Sinn chunnt; aber hütt hocke si zueche, me hätti chönne meine, si heige di böschte Händel mitenand.

«Wo fählt’s?» fragt du afange der Venner Chuttler. Antwort überchunnt er keini. Hätte si öppe söllen erzelle, was ne vori am Stadtbach passiert isch? Dert hei Wyber a mene Trog gwäsche, und juscht, wo di beide Ratsmanne vorby chöme, schüttet eini ne Züber uus, und das eso, daß der Meischter Chischtler bis a Buuch ufe versprützt wird.

«Hee», het der Venner ufbegährt, «channsch nid luege?»

«Üsereis het nid derwyl, gaßuuf und gaßab z’luuße, ob nid öppe grad so ne nütnutzige Bschüsiträppeler chunnt cho z’pflaule.» Und wi mit mene Hahnen agla isch es um e Trog ume gloffe. E jedi het so nes Sprüchli gwüßt.

«Wüsset dir nid, mit wäm dr redet?» het der Irreney se z’Red gstellt. «Das isch der Herr Schultheiß Chischtler!» — «So?» het’s über e Trog ewäg g’antwortet, «mir kenne dä nüt. Öppe der Metzger Chischtler het me gkennt.» En anderi het dry gä: «Wurschteti dä i syr Schaal statt im Rathuus!» Und e dritti het ob em Usdräje vo mene Hemli ghulfe: «Jowäger, voranen isch er no Meischter gsi, jitz isch er nume no e Krouteri.» Di beide Manne sy scho schier bim Zytgloggen obe gsi, so het’s am Brunne no gsprützt und brätschet und gwäffelet, daß di ganzi Gaß under d’Loubeböge cho isch.

Der Peter Chischtler het im erschten Alouf nüt Schlächts welle; aber wi’s de so geit, wenn eim i der Töubi über vermeintlechs Unrächt ds Härz dürebrönnt, so vergißt me, der Sach uf e Grund z’gah, und de isch me verchouft und verrate.

Bi der Schultheiße-Wahl am Oschtermäntig het der Herr vo Scharnachthal nume vierzig Stimme gmacht, der Ritter vo Spiez gar nume no öppis zu zwänzig, und är, Metzger Chischtler, der groß Huuffe. Da het er gmeint, wolle, er heig am rächte Trom zoge; aber wo du di Twingherren alli bis uf vier us der Stadt abgreiset sy, het er sech doch in aller Heimlechkeit müesse zuerede: Jitz, Peter, häb di derzue, sünsch...! — Und jitz chöme si mer däwäg, het er sech du uf em Wäg zur Metzgere-Zunft gseit. Da leit me sech i ds Gschirr für se, und ds Tüüfels Dank het me. Aber — «Meischter bisch gsi, und jitz nume no Krouteri» — jitz, wo du den andere der Meischter zeige söttisch! Isch nid öppis dranne? — Het nid o der Dokter Stadtschryber gseit, a däm Oschtermäntig syge bösi Zeichen am Stärnehimmel gsi? Han ihm gseit: «I tät Ech druuf!» Aber am Änd isch doch öppis dranne.

Drum schwygt hütt der Schultheiß i der Trinkstube. Daß ihm ds Volk nid meh druffe het, das ma ne. Aber die da am Tisch mache sech keini settige Sorge. Si hei numen ei Gedanke: jitz, wo me di Junker dusse het, mueß me zuefahre! Der Peter Chischtler weiß ganz guet, wenn er ließ la merke, wi’s ihm z’Muet isch, so siege si: «Schultheiß, du bisch es Chalb!» Und richtig geit’s nid lang, so isch der neugwählt Venner Baumgartner mit mene guete Rat zur Hand, wi me de Twingherren und dem ganzen Adel wyter chönnti nes Bei stelle. «Het nid vor füf Jahre, wo di großi Monstranz mit dem Heiltum isch gstole worden und ’s gheiße het, das sygi e Straf vo Gott für en Übermuet vo de Bärner — wott säge vo dene Junker — der Rat es Mandat erla gäge di unanständige churze Chleider vom Mannevolch, gäge di länge Schleppen a de Frouechleider und gäge di länge Spitzen a de Schueh? Und wär het sech dra gchehrt? Es paar frommi Lütli, wo sowiso kei Hoffert trybe! Der ganz ander Adel het grad deschtmeh no agwändet, für z’zeige, daß d’Stadt ihne nüt z’befäle heigi. — Das Mandat mueß wider vüre!»

«Rächt hesch, Baumgartner», seit der Chuttler, «das mueß erneueret sy. Trage si mira duß, uf de Schlösser, was se luschtig düecht! — I der Stadt...»

«Dusse trage si nüt Settigs», fallt ihm der Irreney i ds Wort, «nume hie i der Stadt, für d’Lüt z’ergere, wo kei Hoffert vermöj. Mit däm äbe wei si-n-is ungere tue, di Donnere!»

Dä Vorschlag het zündtet.

«Was meinsch, Schultheiß?» Si frage ne no; aber ob ja oder nei, d’Sach isch usgmacht, er mueß. Mir hei ne-n-uf e Schümel glüpft, u mir chlepfe mit der Geisle, wenn er bocket. Der Peter Chischtler läbt nid wohl dranne. Er gseht eigetlech, daß es eso isch, daß er uf mene frömde Schümel sitzt und daß die d’Geisle hei, wo hinder ihm zueche standen und hetze; aber er nimmt nid die uf d’Latte. Er schwört dem Adel Haß, dä isch d’schuld. Er gloubt, der Adel gieng sicherer z’Grund, wenn me ne ließ la machen oder no zu wyterem Übermuet verfüehrti; aber das gieng z’lang, der Burgerchlumpe möcht’s no erläbe, er wott öppis gseh. Was i der Luft lyt, mueß düre. Und drum wird ds morndrisch im Rat bschlosse, ds Chleidermandat z’erneueren und z’verscherfe. Es mueß dene Junker und ihrne Wyber a ds Läbige gah!

Mit großem Mehr isch es bschlosse. Si möge sech schier nid ebha z’juze, wo si us der Ratsstube chöme. — «Heit dr gseh, der alt Fränkli grännet schier!»

Nei, ds Plääre chunnt ne-n-erscht a, wo am Tag druuf e burgundischi Gsandtschaft arückt und nam Schultheiß fragt. Es isch um nes Bündnis z’tüe. — «O du grundgüetigi Muetter Maria!» süüfzet der Seckelmeischter. Di burgundische Herre chönne nid bärndütsch und der Schultheiß vo Bärn nümme wältsch, und der Seckelmeischter und der Dokter Stadtschryber müesse dene Herre rate, si sölle sech a d’Eidsgenosse wände.

Wo de der chevalier de Bubenbert sygi und der chevalier de Charnatal, écuyer de Son Altesse, möchte di Herre wüsse. Der Schultheiß steit mit dem Rügge halb gäge di Gsandten und luegt zum Fänschter uus. «Göht se mira ga sueche!» brummlet er.

Dem Seckelmeischter schießt ds Bluet under di wyße Haar. Er seit de Burgunder, di Herre sygen alli über Land, währed der Stadtschryber dem Meischter Chischtler zuesteckt: «So cha me nid, Herr Schultheiß! dänket doch o, mit wäm mer da rede!»

«He nu, so göht mira mit nen i d’‹Chronen› überen u stellet nen uuf bis gnue!»

«Das wei mer o», seit der Seckelmeischter.

Wo si dusse sy und d’Türe fescht im Schloß, lüpft der Schultheiß der Fueß zu mene Stupf und rurret: «Was bruuche mir Burgunder?» Und uf der Stägen usse seit der eint Burgunder zum andere: «Quel drôle de gouvernement!»

Der Meischter Chischtler het nid gueti Läbtig gha uf em Schultheiße-Stuehl. Syni Fründe hei ds Unmügleche von ihm erwartet. Vor ihne het er sech nüt dörfe vergä. Er hätti nie sölle la merke, daß er über öppis nid Bscheid weiß. Zum Glück sy no es paar Manne da gsi, wo-n-ihm us Liebi zur Stadt hei ghulfe ds Rueder ha: näbem Vatter Fränkli und dem Stadtschryber der Herr Urban vo Muelere, der Junker Hetzel, der alt-Venner Brüggler und der Junker Matter, ds böscht Muul zwar vo Bärn. Vo däm het er sech mängs müesse la gfalle. Da het’s geng gulte, tue, wi wenn me nüt vo denen anähm und de doch mache, was si agä hei. Im Ougschte hätti me du söllen öpper a d’Tagsatzung ga Luzärn schicke wäge de burgundischen Umtribe. Da hei di Herre gseit: «Jitz hilft alles nüt, Herr Schultheiß, da mueß öpper reise, wo sech i der Sach uskennt, und zwar der Herr Adrian vo Buebebärg!»

«So? Meinet dr? — Da wird’s de wider heiße: Han i’s nid gseit, wenn gritte sy mueß, so isch üsereine de wider guet gnue?»

«Das müesset Dr halt schlücke, Herr Schultheiß!» seit der Herr Urban. «Dir wärdet’s öppe nid welle la druuf abcho, daß under Euem Regimänt öppis vo Bärn uus verchaflet wird, wo di ganzi Eidsgenosseschaft ageit! — I will scho mit ihm ga rede.»

«Mira, so machet!»


Wenn einisch, so het hütt ds Schloß Spiez sy Name «der guldig Hof» verdienet. Under em bleichblaue Himmel isch alles Land um e Burghubel umen i mene guldige Schimmer gläge, am allerschönschte d’Räben am Spiezerbärg, wo si bi guldigem Luun guldigi Trübel abgläse hei. Der bescht Luun het wohlöppe d’Jumpfer Dorothea gha, isch doch e gwüsse Junker wider da gsi. Er hätti zwar i sym Chaschtelen o Trübel gha abz’läse. Und drum het me sech z’Spiez gseit: So so, das isch merkwürdig, daß so eine Zyt findt, grad über e Läset a Thunersee z’cho! Der Junker vo Müline het gmeint, es gsej’s niemer, wo-n-er Trübelbeeri vo öppis ganz anderem als vo der Grappen abpickt. Vo settige Läfzge gläse, nähme’s d’Spiezer-Beeri mit dene vo der Champagne uuf! Dasmal het’s nid d’Frou Änneli gseh — die het i Hof und Chäller de Lüt uf d’Finger gluegt — nei, der Philipp, wo sech uf mene Müürli gsunnet und i d’Räbe blinzlet het. Du bisch nid e Dumme, het er vom Chaschteler dänkt, i wett, i hätti o so nes Räbstöckli näbe mir!

Da ghört er Roßtrapp. «Vatter!» — Aber der Ritter, wo i mene Schürlizchittel ne Bränte hilft fülle, het’s o scho ghört und geit scho a Wäg abe. — Wahrhaftig scho wider der Herr Urban! Jitz chunnt er zum drittemal sit Oschteren und isch früecher numen all Schaltjahr einisch erschine.

«Aha», rüeft der Herr vo Muelere, «Dir dänket: was isch aber los, gället? I gsehn Ech’s a, Adrian.»

«Wo mueß i wider hi?»

«Ga Chammerach, für’s grad z’säge.»

«Chömet, sitzet ab!»

Der Ritter geit mit sym Gascht über d’Fallbrügg yne. Ds letschtemal isch der Herr Urban ne cho rüefe, er müessi mit dem Herr vo Scharnachthal und dem Herr Niklaus vo Diesbach i ds Waadtland ga d’Bärner zrück reiche, wo verbottenerwys under d’Fahne vom Graf vo Romont gloffe sy.

«Sappermoscht, isch das schön hie!» seit der Herr Urban under der guldbruune Linde. «Aber es isch bim Tuusig Zyt zum Läse, sünsch schneit’s ech de no i d’Büttine!» Dermit zeigt er uf di spitzigi Schneechappe vom Niese.

«Das het no nüt z’bedüte», seit der Ritter. «Gsundheit, Herr vo Muelere!»

«Gsundheit, es söll gälte!»

«Nei, aber Dir heit rächt. Es isch Zyt zum Läset, und der Meischter Wurschtgnypper söll sech nid ybilde, dasmal syg i o wider z’ha!»

Der Herr Urban lachet i sy Bart yne. «Jää», antwortet er, «dasmal müesse mer us Eidespflicht gäge Papscht und Bischof!»

«So so, mueß er jitz no dene z’Hülf? Er wird sech meine, der Schaal-Peter!»

«Der Herzog vo Savoye het dem Bischof vo Losanen i de Gmeinde vom Ryftal d’Stüüre vorewäg gno, und jitz söll alles, was vom Rat uf em Land ussen isch, ga Bärn cho. Dir wüsset ja, dem Bischof müesse mer z’Hülf, da git’s nüt z’brichte!»

«He nu also, so sölle si gah, di Herre Metzger!»

«Ja ja, aber Dir wüsset ja! Zum Herzog sötti öpper, wo...»

«Wo ne kennt. Äbe. — Aber i ha my Sach gmacht für das Jahr. Säget Dir dem Herr Schultheiß, mir sygen am Läset. Metzge chönn är ds ganz Jahr, also söll er sälber ryte!»

Der Herr Urban lähnt sech hinderen und lachet lut uuf.

«Me chönnti meine, dir hättet ech alli verabredet. Vo Schloß zu Schloß überchumen i der glych Bscheid.»

Jitz chöme di Frouen und ds junge Volk i Hof. Es wird vorusse Tisch deckt, und bald isch di ganzi luschtigi Läsetgmeind binenand.

«Nei», fat bim Ässe der Herr Adrian wider a, «verabredet hei mer i där Sach nüt, mir hei ja nüt dervo gwüßt; aber öppis anders isch abgmacht, und da müesset Dir de o hälfe.» Der Ritter blinzlet syr Frou zue, und die brichtet: «Es isch abgmacht, daß mir alli im Wintermonet z’Bärn ufmarschieren, und zwar eso, wi’s üs gfallt. Mir wei doch luege, öb e Metzger üs cha befäle, was mer az’lege hei!»

«Aah, aah, nid übel», meint der Herr Urban, «da wott i de derby sy, das möcht i gseh!»

«Ja», hilft d’Frou Änneli, «man muß dene Leite zeige, wer man ischt, sonscht tanze si einem auf der Nas rum!»

Und d’Frou Jeanne fahrt furt: «Es fählti sech grad no, daß mir, wenn großi Herre vo uswärts ga Bärn chömen und mir se-n-epfa, de nid emal dörften alege, was üsem Rang ghört! — Daß dir Herren überhoupt ech so öppis heit la gfalle! Was mueß o ds Volk dänke, daß dir ech vo dene Chrämer und artisans heit la uf d’Syte chäse? — Wolle, wenn mir Frouen öppis z’säge hätte...»

«So gsäch etschide d’Wält besser uus», spottet der Junker vo Chaschtele.

«Jää», seit der Herr Urban, «wär weiß, ob nid d’Frou Chischtlere derhinder steckt?» Aber er wird usglachet. Er söll sech nid uf d’Escht use la, hein ihm di strytbare Frouen etgäge, es sygi dert usse nüt z’reiche für d’Herre. So isch wyter gspasset worde; aber nachhär, wo me dem Herr Urban wider ufzöumt und ds Roß zum Brunne füehrt, zieht er der Spiezer uf d’Syten und verchlemmt Ougen und Muul zu nere Gränne. «Hm», macht er, «i weiß nöue doch nid, Adrian! Was weit dir eigetlech mit däm Ufmarsch i verbottene Chleider?»

«Begryffet», antwortet ihm der Ritter, «es mueß no öppis gah, damit das Ghürsch, wo mer drinne sy mit Rät und Burgere, wider i d’Ornig chunnt. Si hein is keis unparteiisches Gricht welle bewillige. Also müesse mer öppis astelle, daß mer’s no einisch chönne höische. D’Burgerschaft het villicht jitz scho gmerkt, daß si der Schade treit, wenn men üs verbietet, uf em Lyb z’trage, was üs vo Gott und Rächts twäge zuesteit, und drum sy si villicht jitz ehnder z’ha für nes unparteiisches Gricht. Wei si-n-is nid vo Rächts twäge hälfe, so tüe si’s villicht us Eigenutz.»

«Und wenn si de nid wei?»

«De müesse si-n-is zu Leischtung verurteile. Und de hei mer gwunnes Spil. I der ganze Wält wird men üs rächt gä, und d’Eidsgenosse — das isch mir — d’Houptsach — d’Eidsgenosse löj’s nid la gscheh, daß Bärn uneis wird. Mir müesse derfür sorge, daß ds Schidsgricht üs i eim Punkt cha unrächt gä, damit es sech i der Houptsach descht ehnder cha uf üsi Syte stelle. Zieh mer der Chürzer i der Chleidersach — he nu, so gschej de nüt Bösers! — Aber d’Twingherre-Rächt, die wei mer nid la fahre!»

Der Herr Urban sitzt uuf. «Mir wei hoffe, Eui Rächnung stimmt», seit er no us em Sattel, «aber also ga Chammerach weit Dr nid?»

Der Spiezer winkt ab. «I gseh scho», brummlet der Herr vo Muelere, «es wird de no mir blüeje. — So bhüet Ech Gott!»