Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 30

Wuche sy verstriche, sitdäm der Herr Adrian wider daheim isch. Schöni Vorsummerzyt. Jedem vernünftige Möntsch geit ds Härz uuf. No blüeje späti Böum, der Buechewald isch es Smaragdgwölb voll Sunne. Was jungi Glider het, streckt se-n-im himmelblaue See, sprützt sech und juzet.

Aber im Schloß oben isch es nid heimelig. Der Ritter, wo scho sünsch nid meh gredt het, als grad het müesse sy, isch, wi wenn er d’Sprach verlore hätti. D’Muetter Änneli wartet vergäbe druuf, daß er nere ds Härz usschütti. Es chunnt o niemer Rächts vo Bärn ufe. Nume dür d’Chnächte vernimmt me hie und da öppis.

Am schwärschte macht jitz d’Frou Jeanne düre. Si lydet — und wachst. — O Gott, das etsetzleche Schwyge! Si leit’s uf ihri Art uus. Si weiß vo früecher här, daß men ihre-n-als Savoyere nid trouet, und villicht isch das d’Schuld a allem. Villicht het si dem Adrian di ganzi Loufbahn verderbt. Wi wär’s anders z’verstah, daß men ihn i settige Zyte näbenuse stellt! Isch das nid, für ne Ma z’töde? — Aber es git nüt anders. Jitz bin i Freifrou vo Buebebärg. Gott het’s so welle. Treui mueß Treui blybe! Und jitz bin i halt Bärneren und blybe’s. So het si dänkt, wo si vor vierzäche Tagen im verschleikten ihrem Vatter e Brief gschriben und ihm drinne gseit het, es syg nere halt doch, Bärn heig e Zuekunft. Was si hie vo Manne heigi glehrt kenne, sygi us mene Holz gschnitte, wo nid nume nid fuli, es heigi im Gägeteil geng neue Trib. Ihres Läben a der Syte vom Ritter vo Spiez sygi zum Verblüete schwär, aber wenn si d’Weli under Tuusete hätti, si nähm no hütt ekei andere.


Am Fueß vom wältsche Jura, wo nume di luterschte Chöpf drüber chöme, was zu Burgund, was zu Savoye ghört, und wo vo vier Nachbare geng jeden amenen andere Herr dienschtpflichtig isch, het sech sit Wuche scho der Schräcke vor den Eidsgenosse verbreitet. Us allne Wäägen und Straße chunnt bättelarms Volk, chöme Chärre voll Gräbel. Alles flieht i ds Gros-de-Vaud, bättlet um Schutz hinder Letzimuure, und doch weiß me, daß däm furchtbare Chriegsvolk kei Muure z’dick, no z’höch isch. Grandson het sech nid lang gwehrt. Ds grobe Gschütz vo Bärn het nid emal bruuche z’brummle. D’Schlösser vo Montagny und Champvent rouchne no wi Mutthüüffe, und ds Schloß vo Orbe steit sit vorgeschter in ere Bluetlache. Si möge niene nache mit Beärdige vo de Tote, wo wi alte Grümpel zu allne Fänschter vo der Burg use gworfe worde sy.

Der Herr Wilhälm vo Lassarraz isch i ds Burgunder-Land use gritte gsi. Zum Herr vo Chateauguyon het er welle, für z’wüsse, wora me jitz eigetlech sygi, ob der Herzog vo Burgund chömi oder nid; aber er het ne niene gfunde, derfür aber vo daheim Bricht übercho, d’Eidsgenosse syge scho z’Orbe und setze dert der rot Güggel uf alli Schlösser z’änetum. Drum chunnt er mit syne paar Mannen i ärschtigem Trab dür e Jura zrück. Si chönne der Ougeblick nid erwarte, wo si ob Ballaigues vor e Wald use chöme. Dert müeßti me de gseh, ob’s öppe z’Lassarraz o scho brönnt. Aber i däm Wald isch es nid heimelig. Es gramslet da öppis. Und richtig, da steit undereinisch so ne Kärli mit dem ufgnäjte wyße Chrüz uf der Bruscht zwüsche de Grotze. Und dert no eine. Drei, vier. Und gäb’s lang geit, isch men i mene Hag vo Halparte. Und dert am Bort niffelet einen a der Armbruscht. Es isch gschyder, me redi. Aber wär cha dütsch? Der Herr Wilhälm nimmt ds Barett ab und dänkt, syni wyße Haar machen Ydruck. Er sinnet nid dra, daß dä Armbruschtschütz zu sym Näbema im Gstrüpp seit: «Wei mer däm einen under d’Haar jage?» Er leit schon e Bolz uuf; aber da ghört me zum Glück e Roßschnurre hinder de Tannen und dumpfe Huefschlag. Es isch eine vo de Houptlüte, wo mit syr Mannschaft der Marsch uf Jougne sicheret. Dä begleitet du der Ritter vo Lassarraz zum Oberbefählshaber, zum Herr Petermann vo Wabere. Der Herr Wilhälm git sech z’erchennen und zieht di alte Bündnis a. Es macht ihm aber Gattig, der Bärner heig ihm nid vil druffe, o nid uf de schöne Worte, wo-n-er für Bärn z’ghören überchunnt. Wo der Lassarraz das merkt, seit er, er sygi dem Herr Adrian vo Buebebärg sy Schwigervatter.

«Weiß scho», antwortet der Herr vo Wabere puckt.

Der Donner o, dänkt der Ritter, wenn i jitz nume dä Brief vo myr Tochter da hätti! Underdesse rüehmt er d’Zueverlässigkeit vo de Bärner wyters.

Ja nu also, bricht der Herr Petermann ab, mit Savoye heig me ja Fride; aber es wäri ratsam, der Herr Wilhälm gieng ga luege, daß de nid öppe Burgunder z’Lassarraz Underschlupf finde, sünsch wett er de für nüt guetstah! Der Ritter begryft und höischt für sich und sy Herrschaft churzerhand der Schutz vo Bärn und erbietet sech zu jedem Dienscht für di eidsgenössischi Sach. — Guet. Abgmacht!

Im Wytermarsch uf Jougne lachet der Herr Petermann: «Das hätt i o nid dänkt, daß üs hie obe Lassarraz i d’Händ fiel!» Dem Herr Wilhälm hingägen isch es weniger wohl z’Muet gsi. Us de Nußböum vo Lassarraz het’s zwar no nid grouchnet, wo si gägen Orbe abe gritte sy. Aber wie sech jitz druus zieh? Di Eidsgenosse nähmen eine bim Wort und verstande kei Gspaß. Und uf der andere Syte... wenn der Graf vo Romont vernimmt...! «Daß de keine vo euch öppis vo däm lat verlute, was da obe gredt worden isch!» seit der Ritter zu syne Manne, wo si am Aben i Schatte vo de Türm vo Lassarraz chöme.


Z’Spiez het es usgseh, wi öppen alli Jahr um die Zyt. D’Chinder sy mit blaurot verchaarete Gsichter i de Dörfli ume gfahre. Me het Chirsen abgläsen und all Abe Chirsmues uf em Tisch gha. Aber wi neecher am Schloß, descht schüücher hei d’Lüt ta. Si hei gwüßt, was dussen, es paar Tagmärsch änet dem Stockhorn, los isch, und niemer het begriffe, warum der Herr nid, wi sünscht albe, mit dem Banner im Fäld steit. Numen im verschleikte het sech eint und andere Bursch us de buebebärgische Herrschafte dervo gmacht, i der Hoffnung, im Fäld öppis z’ergattere. I de Burehüser sy jitz meh Neuigkeiten umebotte worden als im Schloß obe. Di Froue hei sträng verbotte, dem Herr öppis z’brichte, für ihm allen Erger z’erspare. Und d’Burelüt, wenn si ne hei gseh derhärcho mit sym fyschtere Gsicht, so sy si um ds Huus ume dervogschliche. Är sälber isch jedem usgwiche, wo öppis hätti chönne wüsse. Nume mit syne Chinder het er welle sy, und die hei gwüßt, was si z’tüe hei.

Ei Tag isch er mit nen im Strättliger Schloß obe gsi, und wil si vo dert im Gwatt-Schilf hei Reigle gseh dasumefahre, sy si du ds Bort ab. Uf em Heiwäg gseht der Ritter sy alte vätterleche Fründ, der Herr Eulogius Kyburger, vor em Chilchli im Paradies ds Brevier läse. Er dänkt, da syg emel eine, wo in eren andere Wält läbi. Steialt, wi-n-er sygi, wärd er scho meh Himmels- als Wältluft schnuufe. «Gelobt syg Jesus Chrischt!» rüeft er über e Hag, und währeddäm d’Chinder wyter gange, geit er uf ihn zue. Wi us neren usgloffene Röndle waggelet us däm schittere Chifel d’Antwort: «In Ewigkeit, Amen!» Aber chuum isch das über di gschlampeti Läfzgen ab, chunnt no meh: «Ja ja ja und jitz, Ritter? Wa, was säget Dir de derzue, derzue, daß der Herzog vo Burgund, vo Burgund, jitz doch no dem Cheiser sy Tochter für sy Suhn versprochen und Fride mit ihm gmacht, Fride mit ihm gmacht het?» — Er gseht di verwundereten Ouge vom Herr Adrian, und das macht ihm Muet. «Heit Dir’s no nid verno? — Fride gmacht, ja! Der Prior vo Amseldinge het’s gseit, het’s gseit. Es söll gar e schöni sy, di Maria. Dir kennet se dänk, kennet se dänk! Ja, und jitz sölle d’Eidsgenossen alleini fertig wärde mit dem Burgunder, alleini fertig wärde! Ja, si wärde scho. Si wärde scho. Der Herr Niklaus vo Diesbach füehrt ja ds Heer! Vor Blamont, seit me, stande si, vor Blamont. Ja, i weiß nid, wo das isch.»

«Im Elsaß, i de blaue Bärge.»

«So so, ja ja. — I de blaue Bärge. Wyt ewäg — wyt ewäg. Ja, und jitz de? Der Cheiser het is im Stich gla — im Stich gla! Was git’s jitz de?»

«Gäb’s lang geit, lat is de der Franzos o im Stich. Was wette mer?»

«Meinet Dr? — Das cha sy. Das cha wohl sy. Und de?»

«De isch es de um Bärn gscheh. Das chan ig Ech säge.»

«Da bhüet is Gott dervor, Ritter!»

«I säge’s o. Aber so chunnt’s!»

«Mir wei doch hoffe, der Diesbach wärdi no Meischter, wärdi dem Burgunder no Meischter. — Nei nei, er wird das nid uf sys Bärn la cho!»


«Buebe, wo syd dr dä halb Tag gsi mit dem Vatter?» Mit strängen Ouge fragt d’Frou Jeanne das, wo si nere guet Nacht säge.

«Z’Strättlige.»

«Heit dr mit öpperem gredt?»

«Der Vatter het mit dem Chilchherr im Paradiesli gredt.»

Wi ne lääre Schluck macht’s i der Gurgle vo der Muetter. «Da hei mer’s ja», seit si zu sich sälber.

Isch es eim scho vorhär under em Druck vo sym Schwyge geng änger und änger um ds Härz worde, so het eim d’Verschlosseheit vo ds Ritters Gsicht jitz grad wehta.


D’Nachrichte vom Pater Eulogius sy scho nümme ganz früsch gsi, vowägen er het der Prior vo Amsoldinge nid all Tag gseh. Wär weiß, es isch denn scho ganz andere Bricht underwägs gsi, wo-n-er mit dem Ritter gredt het!

Hütt wärde z’Spiez Türe gschletzt. D’Chnächte hei öppis. Si stecke d’Chöpf zsäme. Der Erk isch z’Bärn gsi. Er het gwüß öppis heibracht. Aber di beide Dame tüe ihrem Gwunder Gwalt a. Me mueß nüt derglyche tue, daß men öppis begährti z’wüsse!

Aber hinder der Stalltüre seit der Narr zum Erk: «Das mueß er wüsse, der Ritter. Das tuen i nid anders!»

«Dy Grind het dänk wider Längizyti na mene Räbstäcke, he?»

«Isch mer glych; aber wüsse mueß er’s!»

«Du, nimm di in acht! I wott de nüt usbracht ha!»

«Häb nid Chummer, i säge’s keim Möntsch!»

Am Abe, wo der Hänsli, wi all Tag, d’Hünd geit ga fuettere, reiset er’s uf en Ougeblick, wo der Ritter i Stallhof abe luegt.

«Silentium canes!» befihlt er. Und si folgen ihm uf ds Wort. «Hiehäre, Cäsar! Und du, Bläß, da! — Abe! — Wottsch?» Si müessen in ere Reie sitze, hei sech muusstill bis a d’Stile. Die wädle wi lätz, und vo de Läfzge tropfet’s i länge Plämple. Und du fragt er se: «Wüsset dr scho, daß me geschter der Herr Niklaus vo Diesbach z’Bärn i der große Chilche begrabe het? Dänket, Hünd, es Roß het ne gschlage! Mit verschlagene Chnochen isch er vor Blamont gläge. Und du isch der schwarz Tod cho und het ihm der letscht Stupf gä. Ja, das het er, sowahr i der Hänsli Hofmeischter bi. Und jitz singe mir ihm e Totemäß. Achtung! Eis, zwöi, drü!» Es fürchterlechs Lachen und es Höllegebäll fülle der Hof, wi me’s sit Monete nümme ghört het.

Ds Löufterli vo der Frou Änneli flügt uuf: Und si gseht der Ritter mit de ballete Füüscht a den Ohre gäge d’Chilchen übere loufe, zum stille Plätzli a der Letzi.


E heißen Ougschten isch no heißer worde dür e Föhn, und me het i der fascht uheimelige Lüteri schier der Schnuuf nümme gfunde, wo, eine hinder em andere, der Herr Schultheiß vo Scharnachthal, der Herr Urban vo Muehleren und der Stadtschryber Frickart mit ihrne Chnächte gäge ds Hondrich-Bort gritte sy. Da tönt vom Spiezer Schloßturm ds Horn. — Sitdäm d’Sibetaler geng uf em Sprung gsi sy, für de Lombarden uf ihrne Märsch i ds Burgunder-Land ga z’wehre, hei d’Turmwächter vo Spiez dopplet so scharf ufpasset. — Der Herr vo Scharnachthal und der Herr Urban luegen enand a. Das Horn isch ne nid chummlech cho. Wär der Wäg besser gsi, wäre si, für ihm z’ertrünne, lieber hinder em Hondrich düre. Was jitz? Het se der Wächter gseh, so isch bi däm lutere Föhnwätter o gsi az’näh, daß me se-n-erchennt heigi. Und der Ruef het i däm Fall welle säge: Heda! Warum so schüüch vorby? Isch ech nid emal bi där Hitz e Trunk öppis wärt? — Me sötti doch eigetlech übere, es wär e Fründschafts- und Anstandspflicht; aber weder dem Schultheiß, no dem Herr Urban isch es drum gsi, dem Spiezer under d’Ouge z’cho. Der Stadtschryber het wohl gmerkt, was er ne für ne Gfalle tät, wenn er ne dä Gang abnähm, und isch zrückgritte.

«Was söll das bedüte», fragt ne der Herr Adrian, wo-n-er, tropfnaß vom Schweiß, i Schatte vo der Linden ufe chunnt, «daß me däwäg a mir vorby rytet?»

«Zürnet’s nid, Ritter! Mir hei gar e wyte Wäg vor is. Über d’Gemmi ga Sitte müesse mer. — Es isch undenum nümme z’mache. D’Herzogin vo Savoye lat dem Burgunder alle Zuezug us der Lombardei düre.»

«Me seit’s», antwortet der Ritter, «i ha geng gseit, me sött nere nid troue. Die weiß vo der guete Fründschaft vo den alte Herzög vo Savoye nüt!»

«Nüt als alles gäge Bärn ufreise tuet si hindenume. Und vorume spieglet si jedem Bärner, wo’s ghöre wott, Gäld und Pänsione vom Burgunder.»

«I weiß öppis dervo.» Der Herr Adrian lachet räß. «Und es nähm ein wunder, ob niemer das o no nimmt zum andere.»

«Wär weiß», fahrt der Dokter Frickart wyter, «wenn si’s grad so uf e Tisch leiti; aber äbe...! Ha müeßt si’s!»

Ds Gspräch wott nid so rächt im Gang blybe. Der Ritter het sech nid derfür, gwundrigi Frage z’stelle, und bim Stadtschryber chunnt me nid drüber, fählt’s ihm nume wägem Föhn am Ate, oder wott’s ihm nid vom Härz. So sitze si beidi schwygsam under der alte Linde, am steinige Tisch, wo scho so mängs gwichtigs Wort für Bärn gfallen isch, luege bald enand i d’Ouge, bald i d’Bächer, bis ändlech der Stadtschryber seit: «Ritter, Ritter! Es isch z’Bärn unde nümme wi albe. — — Es fählt is eine, ob si’s wei zuegä oder nid!»

«Dokter, warum syd Dir eigetlech allei zue mer cho?»

«He äbe... das isch es juscht! — Aber my Schuld isch es nid, Ritter, gloubet mer’s!»

«I weiß es», seit der Herr Adrian, «i kennen Euch z’guet.»

Er begleitet sy Gascht zum Stall und no über d’Brügg usen und danket ihm, daß emel är cho sygi. Er well ihm das nid vergässe.

Bald druuf gseht me der Ritter wider under der Linde sitze. Er isch jitz fascht alli Tag dert, luegt i glychen Eggen ynen und seit niemerem es fründlechs Wort. Es schnydt sogar de Chnächten i ds Härz, wenn si ne so gseh. — «Ne ganze Ma han i der Heimet versproche», seit er einisch zu syr Muetter, wo ne möcht ufchlepfe, «und jitz geit alles a mer vorby und luegt nümmen ume — sogar der Tod!»