Text:Sebastian Sailer/Die Schultheißenwahl zu Limmelsdorf
Erschtvereffentlichung: 1770
Quälle:
Die biblischen und weltlichen Komödien des hochwürdigen Herrn Sebastian Sailer. Albert Langen Verlag, München 1913
Personen:
Amtmann
Pfarrer
Amtschreiber
Simon Lizelnutz, Gemeindepfleger
Erasmus Wirthshäusler, Bürgermeister
Peter Kirchenmauser, Heiligenpfleger
Wenzel Krezer, Wirth
Friedrich Sperber, Schmid
Stephan Hasenfuß, Schneider
Veit Balger
Wendelin Haps
Arbogast Nußjäck
Bartholome Knöpflendrescher
Makari Hosenlotterer
Florian Simpel
Amtsknecht
Pfarrersknecht
Die Schultheißenwahl in Limmelsdorf
ändereDer Amtmann an die Gemeinde
Nun löbliche Gemeinde die Zeit ist angekommen,
daß jetzt die Schultheißwahl, wie recht ist, vorgenommen;
der alte Schultheiß starb, das Amt steht also leer,
nun ist zu sehen jetzt, wer dessen würdig wär.
Der Schultheiß, tröst ihn Gott! hat sich sehr wohl gehalten.
Er folgte seiner Pflicht, und that sein Amt verwalten,
wie recht und billig war. Die Herrschaft wußte wohl,
daß er ihr war getreu, und der Verdienste voll.
Es liegt halt viel daran an tüchtigen Schultheißen,
die im Gewissen gut, und redliche auch heißen.
Ein' Herrschaft kann nicht stets der G'meind zugegen sein,
darum setzt sie für sich ein Mann zum Schultheiß ein,
der ihre Rechten wohl beschütz', und sich darf wehren,
wenn böse Bauren sie mit Bosheit thun verstören;
der brav Kurasche hat, und auch bey der Kanzley
den Eigennutz nicht sucht, den Rechten stehet bey;
der Mißbrauch' stellet ab, das Gute will einpflanzen,
und niemals sucht für sich zu füllen seinen Ranzen:
dem gleich ist jedermann, der nur, was recht ist, thut,
und die Parteilichkeit wie eine Pest verflucht.
Begreifet meine Wort', und nach denselben denket
die Wahl zu stellen an. Dahin eur' Herz nur lenket,
daß Limmelsdorf anheut ein guten Schulzen hab.
Bis ich euch wieder ruf, indessen tretet ab. –
Hochwürdiger Herr Pfarr! hab ich nicht recht gesprochen?
Pfarrer
O ja, gestrenger Herr! ich hab' schon viele Wochen
auf diesen Tag geseh'n. Es liegt sehr viel daran,
daß zum Schultheißenamt gelang' ein rechter Mann.
Der Pfarr hat allzeit Ruh, und kann vergnügter leben,
wenn der Schultheiß im Dorf der Tugend ist ergeben;
denn, der kein Christ, macht schon der Seelsorg viel Verdruß,
er schilt das Gut', und lobt das Bös' zur Aergernuß.
Ein frommer Schultheiß ist dem Pfarr zu Trost und Freude,
er will, was dieser will, und thut ihm gar kein Leide.
Er hört das Gotteswort, und stimmet selbem bey,
und sorgt für's ganze Dorf, daß alles christlich sey.
Amtmann
Sie haben gänzlich recht, Sie reden ganz vernünftig,
Hochwürdiger Herr Pfarr! es solle auch in's künftig
ein solcher Schultheiß seyn, der so, wie Sie gesinnt:
da weiß ich, daß ein Pfarr das Beste schon gewinnt.
Ey, sagen Sie mir doch, wen Sie zum besten schätzen;
ich will das Amt mit ihm zu Ihrem Trost besetzen.
Ich kenn die Vögel nicht: der tauglich scheint zu seyn,
ist Schelm oft in der Haut; man tappet mit ihm ein.
Pfarrer
Ich will mich dieser Sach gar nicht als Pfarr annehmen.
Es steht bey der Kanzley, ich will den Lauf nicht hemmen.
Doch unter Bürgeren, die man hier zählen kann,
der Beste schien mir stets des Simpels Florian.
Er hat ein Christentum, hat Witz, Vernunft nicht minder,
er rechnet, liest und schreibt, und hat die besten Kinder.
Ein Hausmann ist er auch; doch will er gar nichts sein,
und leben nur für sich, die Seinigen allein.
Er flieht den Eigennutz, hat Niemand noch betrogen;
er flucht und lästert nicht und hat noch nie gelogen;
ist friedlich und gerecht, der Herrschaft auch getreu.
O, er verdient allein, daß er hier Schultheiß sey.
Amtmann
Ich sag recht vielen Dank, Herr Pfarr! ich bin zufrieden;
ich traue Ihrem Wort. Die Sach wird bald entschieden
und abgewandelt sein. Wohlan, Sie treten ab,
weil ich die Bauren jetz herbey zu rufen hab.
(Der Amtsknecht beruft im Namen des Amtmanns die Bauren; sie kommen, und der Amtsschreiber liest ihre Namen herab; und ein jeder zeigt mit dem Wörtchen hier seine Gegenwart an.)
Amtschreiber (liest)
Simon Lizelnutz, Gemeindepfleger! Erasmus Wirthshäusler, Bürgermeister! Peter Kirchenmauser, Heiligenpfleger! Veit Balger! Wendelin Haps! Arbogast Nußjäck! Wenzel Krezer, Wirth und Gastgeb! Friedrich Sperber, Meister Schmid! Bartholome Knöpflendrescher! Makari Hosenlotterer! Stephan Hasenfuß, Meister Schneider! Florian Simpel!
Amtmann
Nun kommet alle her und redet nach Gewissen,
und seyd für euer Dorf auf's Beste doch beflissen.
Die Stimm' ein jeder geb' bey mir ganz in der Still:
es wird sich zeigen bald, wen Gott zum Schultheiß will.
Veit Balger
Hm! Euser Herrgat wead zua deam Ding itt viel macha:
's G'schäft ischt itt gar so hauh, as seand nu' Baura-Sacha.
Amtmann
O Limmel! was sagst du? was gut ist, kömmt von Gott;
er sucht auch seine Ehr' bey einer Baurenrott.
Es liegt ihm viel daran: auch kleine Obrigkeiten
bestellt er in der Welt, sein' Ehre zu verbreiten.
Veit Balger
Dees hau-n-i niea so g'wüßt; bi' schau' an alter Ma',
daß euser Herrgat si neahm au um d'Schultas a'.
Do g'schtrenger Herr, nu' dees! a' machat koine Schtrichla
und grad nu' vo' ui seall, dees gab halt wüaschte Brüchla
in euser G'moi'd: as gieang halt eaba nu' nôh Gau'scht,
as wär a Schpieagelg'feacht, itt thät in Sack mei' Fauscht.
Nôh deane Vautamar muaß jô a Schultas weara;
seand au' parteiisch Ihr! maih will i itt begeahra.
Amtmann
Halt 's Maul! und schweige gleich: für wen siehst du mich an?
Du heißest Balger halt, und bist ein grober G'span.
Hinaus mit euch! sodann ein jeder soll mir sagen,
auf wen er seinen Merk als Schultheiß hab' getragen.
Horch keiner an der Thür: seyd ruhig, still und brav!
Von zehen Thalern sonst zahl jeder Frevler Straf.
Wendelin Haps
Ei b'hüat mi Gott darvôr, dees laß i gar wohl bleiba;
i könnt jô in meim Haus itt so viel Geald auftreiba.
Zeah' Dahler hôt a G'siicht; und wemma's au begeahrt,
ischt dar bescht Schultas au no itt zeah' Dahler weart.
Amtmann
Impertinente Kerls! Ich will doch gerne sehen,
wie heut die Schultheißwahl allhier wird vor sich gehen.
Wenn alle Bauren hier so sind, wie diese zwey,
so gnade Gott! kein Schulz schlieft heut aus diesem Ey.
Du bist der erste dann – –
Simon Lizelnutz
Jô, i will's itt lang macha.
I bi' G'moi'dspfleager seall, verstand au alle Sacha.
I hätt's au wohl verdeant, daß i wär Schultas dô,
do ma' mi hiea koi' Mensch, i bi' halt au darnôh.
I will's itt sei', noi', noi'! i hätt viel tausad Händel:
mei' Vautum gieb i glei meim Schwôger, 's Hapsa Wendel. (Ab.)
Amtschreiber
Das heißt parteiisch sein: der Schwager hat die Stimm.
Der Schwager? – Eigennutz! wie bist du doch so schlimm.
Peter Kirchenmauser, Heiligenpfleger
I bleib beym Opferschtock! i will itt Schultas weara;
i ma' mi mit deam Zuig itt bis in Daud nei' scheara.
As Holgapfleagaramt taugt besser no für mi,
as geit au A'schnitz dô. Dar Pfarr will, wia-n-i sieh,
as Simpels Florian: dô ka-n-i dänischt aber
mei' Vautum itt hi'gea, i käm um Heu und Haber;
ar ischt viel z'g'wissahaft, ar ischt a küahler Schmarr.
Wenn i vom Holga nähm, so thät ar mi beym Pfarr
so schwaaz a'schreiba glei, daß i vom Deanscht müaßt roisa:
ar thät mi offatle an Holgab'scheissar hoißa.
Dar Arbogascht Nußjäck, dear ischt mei' G'vatterma',
dean soll ma, denn ar daugt, as Schultas schreiba a'. (Ab.)
Amtschreiber
Auch dieser spricht nicht gut! Was soll es doch bedeuten,
daß man vor der Gemeind' nur denk der G'vatterleuten!
Nein, dieses geht nicht an! nur fort, und nur hinweg:
Es taugt zum Schulzen nicht der Arbogast Nußjäck.
Arbogast Nußjäck
Zum Schultas schtell i vôr da Peter Kirchamauser;
sei' Maul am reachta Oat zoigt g'wiß, daß ar koi' Lauser.
I bi' sei' G'vatterma'; sei' Vautum mir reacht frauh
geit ar, so hôt ar g' sait, und dôrum gieb am's au.
Amtschreiber
Die Sach ist abgeredt, das sind Parteilichkeiten,
die keinen guten Grund zu einer Wahl bereiten.
Die sehen nur sich selbst, nicht die Gemeinde an.
Darum von diesen Bursch' kein Schultheiß werden kann.
Erasmus Wirthshäusler
Wiathshäusler ischt mei' G' schlecht; dar Wiath muaß Schultas weara,
dear Wenzel Krezer hoißt: ar wär's au ziemli geara.
Vo' Heaza ma' i ihn; ar ischt mei' beschter Froi'd;
ar ischt a ganzer Ma', dar fürneahmscht in dar G'moi'd.
As Burgamoischter wenn i mit am thua a'reachna,
so hau-n-i z'sauffat g'nua, und wenn i wött verleachna.
Mir könnat's mitanand, ma woißt zwôr noitz darvu';
dar Wenzel Schultas sey! Ihr G'schtreng, gauh't, schreibat nu'. (Ab.)
Amtschreiber
Schon wieder eine Prob, daß in den meisten Wahlen
man öfters nur gesinnt, aus schlechten und aus kahlen
Ursachen nur auf die Herz und Gemüt zu dreh'n,
wo man Schmaus oder Gunst für sich allein mag seh'n.
Das g'meine Beste ist das schlechteste aus allen,
was man beherziget. Das kann Gott nicht gefallen.
Friedrich Sperber, Schmid
Ich muß zum Ambos heim, nicht lang aufhalte mich,
des Simpels Flor zum Schulz nennt Sperbers Friederich. (Ab.)
Bartholome Knöpflendrescher
As ischt mar wia am Schmid, der vôr mir g'sei' dôhinna:
Dar Flori Schultas sey! i deaf mi nimma b'sinna.
I will verachta koin; sie seand mar älle reacht;
do 's moischt ischt Lumpazuig, und zuam Schultas z'schleacht.
Wenn sie bey euser G'moi'd so wacker könntat rôta,
as wia im Wiathshaus duß, so wär as ziemli g'rôta.
Dar moischt Dhoil hausat itt, ischt lauter Lumpawar;
fascht koiner, dear für si an Gulde nu' verschpar.
As Simpels Florian guggt au uf seine Sacha;
ar thuat für Weib und Kind nôh seine Kräfta wacha.
Dees, und koi' anders, muaß nôh meinem Willa g'scheah'.
Dar Flor muaß Schultas sey'! dees will i heut no seah'. (Ab.)
Makari Hosenlotterer
Wia Bathle g'sait, sag i; i sag, so will i saga,
verschtauh't-ar's, g'schtrenger Herr! as soll moan nimma daga,
wenn i as Simpels Flor itt as an Schultas sieh.
Dees sag i, hairet's wohl! so hau-n-i g'sait, sag' i. (Ab.)
Wendel Haps
I sieh schau', wia as lauft. Was will i denn gauh' macha?
Mei' Vautum hôt dar Flor, ma thät mi nu' auslacha,
wenn i an Schultas nahm, dear gar koi' Hoffning hôt.
Dar Flor soll Schultas sey'! i woiß schau', wia as gôht. (Ab.)
Amtschreiber
Der Bau'r ist doch kein Narr! er thut die Sach durchbeuteln;
sein' Stimm soll geltend seyn, er will sie nicht vereiteln.
So handelt man doch klug, wenn man dahin nur sieht,
was nur die Besten thun, was ohnehin geschieht.
Amtmann
Jetz geht's nach meinem Wunsch! Die Mehresten gut denken;
ich glaub, daß der Herr Pfarr sie wußte wohl zu lenken.
Die Gröbsten sind noch nicht heraus mit ihrer Sprach'.
was liegt es mir daran, weil ich die Rechnung mach',
daß Simpels Florian den Besten thut gefallen.
Doch sachte! – – Ja ich glaub', man hör' die Stimm von Allen.
Veit Balger (stürmt herein.)
I bi' schau' wieder dô; lau't's ui do itt verdrieaßa,
wenn i ui, g'schtrengar Herr! wear d'Wôhrat saga müaßa.
Du Limmel, hau't ar g'sait; ar hau't mar schandle thau':
Gottsnama! hairet nu', wia's in dar G'moi'd thuat gauh'.
Ma sait schau' überlaut im Dorf, as Simpels Flori
wear euser Schultas sei': dar Pfarr schreit schau' Viktori.
Dar Hagel! hätt schier g'sait, was d'Pfaffa weand, muaß sei'.
I setz darwider mi, i gang dees Ding itt ei'.
Amtmann
Wenn Simpel Schultheiß ist, wird man dich gar nicht fragen.
Du ungehobelter Veit Balger! wie kannst sagen,
daß dein Hochwürdiger Herr Pfarr Viktori schrey?
Veit Balger
Dees muaß a Wôhrat sey'! i sag's und 's bleibt darbey.
Beym Hairle gilt ar älls, ar thuat stets bey am schteacka:
im Pfarrhof ischt ar älls, ma woißt's im ganza Fleacka.
Ar schwätzt am Pfarr älls zua, ar schtreicht am älls a' d'Nas',
drum hôt ar Gnôd und Huld. Dear Schmoichler, o ar ka's!
Ar schtellt si hoilig, fromm; dear G'sell ka' G'siichter schneida;
ar ka' vo' Baurag'schpäß koi' Dusanierle leida.
A Gleißner ischt ar halt, und bleibt's au bis in Daud;
o! wenn dear Schultas wead, so haumar grauße Naut.
Amtmann
Der heißt ein guter Mann, der böse Sitten hasset,
und wider Ungebühr gerechten Grollen fasset.
Veit Balger
Ei, sey ar, was ar wöll, as Sperbers Friederi
soll euser Schultas sei'! koi' andrer, dees will i.
Verschprocha hôt ar mir, ar wöll schau' an mi denka,
wenn ar môl Schultas wear, i deaf mi nimma kränka.
An Aemtle wear i hau', ar wear sie schtella ei',
wenn i ihm healf darzua. Drum eaba soll ar's sei'.
Amtmann
Dies sind verfluchte Streich; die Stimmen anzuwerben,
macht man Verheißungen, so fällt ja ins Verderben
ein manches Ehrenamt. Schaut! unter Bauren auch
herrscht aus Samarien der häßliche Gebrauch.
So Pflegel findt man nicht in allen Herrschaft-Scheuren,
wie dieser Limmel ist; ich kann es hoch beteuren.
Doch – –
Stephan Hasenfuß, Schneider (läuft herbey.)
I bi' färti g'lei, Ihr G'streng! i sog's enk kurz,
wenn Flor nit Schulz hier iß, so follt das Dorf in Sturz.
I bin in Oesterraich, in Mähren, Schlesing gwesen;
do fond ich ollzait, doß da besten Monn ausg'lesen
zur Obrigkeit im Ort. Da Flor iß jo a Monn,
dem a der Daifel selbst ka' nitt a bißle thon.
Veit Balger
Gang Schneider, mach's itt lang! was wött dear Bock dô wissa?
Dar Guggu hôt a aischt zua is in's Dorf rei' g'schmissa.
Ar hôt am Pfarr halt gauh' di alte Hosa g'flickt,
drum hôt ar ihn dôhear as sein Vikari g'schickt.
I rôt dar's, Schneider, gang! as wead si ällas weisa:
gang mit deim Ellameaß und mit deim Bögeleisa!
Nu' was ma geara hairt, schwätzscht du bey deiner Scheer.
Gang wôlle, wôlle glei', und mach da Platz dô leer!
Amtschreiber
Dies ist ein grober Knopf! wie kann man's doch gedulden?
Amtmann
Geduld mit solchen Kerls! die Zeit zahlt alle Schulden.
Wenzel Krezer, Wirth (kömmt.)
As nimmt mi Wunder do, daß so lang dau'rt dia Wahl!
Vôr äll bin i dar Bescht und taugligscht überall.
I wär dar Ma' darzua; i wött dees Amt verseah,
daß vo' Ma'sdenka hear wär koi' so Schultas g'wea.
I ka' au mit di Leut so, wia as brav, umgauh';
i bi dar Ma' alloi', dear dees Ding muaß verschtauh'.
Dia andere seand noitz: a Doil seand Simsalaufer,.
dar ander ischt a Narr, dar ander ischt a Raufer;
a Simpel ischt dar oi', dar ander hôt koin Witz
und hockt da ganza Tag im warma Ofasitz.
Ei, g'schtrenger Herr! was Rôts? theand mi as Schultas schreiba;
i will mei' Leabalang ui dankbarle verbleiba.
A Griesawasser gieb i ui, und dees a guats;
dar Frau a Fadawerk mei' Weib – – was gilt's, as thuat's?
Amtschreiber
Wo Ehrgeiz Ämter sucht, den andern vorzustehen,
da kann die Sach einmal nicht wohl zum besten gehen.
Was braucht's Schmierbalien und Schmeicheln wenden an?
Den Gott zum Amt beruft, der nur wohl herrschen kann.
Wer durch dergleichen Streich ein Ämtlein hat erworben,
der ist gemeiniglich an Ehr' und Gut verdorben.
Man muß auf Tüchtigkeit, nicht auf Geschenke seh'n!
Das Letzte tauget nicht; das Erste muß gescheh'n.
Amtmann
Wie! Was glaubst du von mir? meinst dann, ich laß mich salben?
Veit Balger
Wohl redle, g'schtrenger Herr! dees Ding hilft ällathalba!
Wear dia Beamte will uf seiner Seita hau',
dear salb da Karra brav! as muaß halt dänischt gauh'.
Amtmann
Packt euch in aller Eil! Ich will den Schimpf schon rächen.
Ich will euch tolle Hund entzwey die Hälse brechen. –
Der Letzte komme noch: er wird der Beste sein.
Jetzt Simpels Florian soll kommen gleich herein!
Veit Balger (zum Florian.)
Nu', nuiar Schultas Ihr! du bischt jetz gauh' dar oi'zig;
as ischt schau' aus, wia aus; dia andre seand äll koi'zig.
Amtschreiber
Scher' dich zum Guggug fort, unbändiger Gespan! – –
Wem gebt ihr euer Stimm? Nur herzhaft, Florian!
Florian Simpel
I gieb koi' Vautum, i, i laß dar Herrschaft über.
Mei'tweaga Schultas sey dar Otter oder Biber;
denn sui woißt wohl, wear taugt. O! Baura kennt sui wohl,
und woißt schau' vornei' guat, wear Schultas weara soll.
I will's oi'môl itt sei', i will a G'moiner bleiba:
i will nu' sei' für mi, alloi' mein Hof umtreiba.
A Schultas ischt amôl dar schleachtischt in dar G'moi'd;
wenn ar sei' Pfliicht will thua', so hôt ar koine Froi'd.
Ar soll uf d' Herrschaft nu' und ihren Nutza gugga.
Dô gôht as auf a Laus, und dees vo' freie Schtucka.
Thuat ar sei' Amt itt reacht, und lôt da Karra schtauh',
so fürcht ihn gar koi' Mensch; ar hôt da Schpott zum Lauh'.
I thät's meim Weib itt z' Loid: was sieag mei' lieaba Treina,
wenn uf da-n Oabad i as Schultas thät verscheina?
O! huit-a-môra schau' hôt sui mir fürchtig dräut:
Haisch, Flori, so hôt sui, 's muaß wôhr sei', zua mar g'sait:
Los', sait sie, wem ma di zum Schultas huit will macha,
so nimm's amôl itt a', i will dar Küachla bacha.
O! d' Schultas lumpat glei; sie schpielat itt alloi';
beym G'moi'dstrunk seand sie gean, und gauh't fascht nimma hoi'.
So hôt mei' Treina g'sait: was thät sui, ach! gauh' saga,
wenn i as Schultas käm? O! o! sie thät mi schlaga.
Amtmann
Wird alles recht gescheh'n! geht hin! nach Billigkeit
wird alles fügen sich. – – Nun aber ist es Zeit,
daß ich der G'meind ansag, wer von den meisten Stimmen
zum Schultheiß ist gemacht; denn ohneracht der Schlimmen
ist Flori Simpel es. – – Kommt all zugleich herein!
Itzt wird verkündet euch, wer Schultheiß werde sein.
Amtschreiber (liest das Wahlinstrument ab.)
Wir des Edelfesten Herrn Junkers Jakobs, Hansen, Lebrecht von Gimpelhausen, Herrn zu Flegelheim, Limmelsdorf, Grobholz und Knopfberg, des löblichen Kantons am Fuxweiher, Ritterrath und Kastenvogt, des hohen Ordens von der goldenen Hagscheer, Ratsgebürtiger und Kommenthur zu Heckenhag, nachgesetzte Oberbeamte Gervasi von Wanzenau, beeder Rechten Bokelori und Amtmann, auch meines Michel Kannlizl Amtschreibern machen allen und jeden zu wissen und kund, wie und was gestalten und demnach und allenfalls der ehrliche Florian Simpel allhier in Limmelsdorf durch die meisten Stimmen der Gemeindern zu einem wirklichen Schulzen nach Forderung der Rechten und kanonischer Satzungen erwählt worden. Es wird also der Löblichen allhiesigen Gemeind mit Macht und Ernst zu wissen gemacht, daß er Florian Simpel von allen allhier, sage zu Limmelsdorf, als ein solcher, sage Schulz, Vorgesetzter und weltliche Obrigkeit allhier, sage zu Limmelsdorf, solle anerkennt werden. Sollte sich aber Jemand erfrechen, sich gedachter Wahl zu wiedersetzen, oder etwas feindseliges darwider einzuwenden, der soll jetzt zur Zeit seine Strafe nicht wissen, sondern selbige mit dreyßig Mark löthiger und konventionsmäßiger Prügeln zu erwarten haben.
Alles zu Fuß, und ohne Gefährde, so geschehen zu Limmelsdorf in dem Rathshaus nächst des wohlverstorbenen Schulzen Sausteig im Jahr nach der Römer Zinszahl tausend siebenhundert ein und siebenzig, am Tag daran, als Schulz war Florian.
Gervasi von Wanzenau, Amtmann.
Michel Kannlizl, Amtschreiber.
Florian Simpel
O! oi'môl g'schtrenger Herr! a . . theand mi do itt scheara;
a . . glaubat's nu', i ma' oi'môl itt Schultas weara.
Mei' Weib verzweiflat schier, sui jaicht mi oi'môl naus;
i deaf oi'môl itt hoi', as Schultas itt ins Haus.
Amtschreiber
Der Herrschaft Will' ist es; ihr müßt das Amt schon tragen.
Bartholome Knöpflendrescher
Hair, Flori! no a Woat. a . . thua fei' itt so klaga.
dei' Weib ischt g'wiß itt bais; as wead ar wohl a'schtauh'.
Schulthoißi hôt a G'siicht, deaf z'aischta z'Opfer gauh'.
Im Wiathshaus sitzt sie z'aischt, und dees vor älle Weiber:
Itt wôhr, Ihr g'schtrenger Herr? Ihr Exalenz, Herr Schreiber?
Amtmann
Nun legt die Plauten an –
Florian Simpel
A . . plôgat mi do itt!
I bi' koi' Ma' darzua –
Amtmann
Ich weiche keinen Schritt.
Bartholome Knöpflendrescher
Du hôscht a Klôftar Holz und Buschla au darneaba,
drey Gulde ischt dei' Lauh'; du ka'scht in Aihra leaba:
vo' Frauhn und G'fäll bischt frey, an Heiretstäg geit's Wei'.
A . . sag do jô darzua, und gieb dein Willa drei'!
Makari Hosenlotterer
Dar fürneahmscht bischt im Dorf, deascht mit die Herra schwätza
vor andre Baura äll: dar Pfarr, dear wead di schätza,
wenn du sei' guater Froi'd: da frißscht a's Pfarrers Disch,
so bald a Vierfescht kommt, häb ar Floisch oder Fisch.
Arbogast Nußjäck
's geit eabbas ällaweil für d'Schultas beydi Herra:
deascht z'aischta 's Maul aufthua', an andrer muaß si scheara.
Gôht oiner in Kanzley, so muascht du mit am gauh',
hôscht Plauta an deim Hals, und no darzua da Lauh'.
Florian Simpel
Ma sait mar wohl darvo': traischt Gott da Schultas selig!
Ar hôt vom Kreuz oft g'sait, laut hôt ar's g'sait, itt helig.
I fürcht mar gräusele, i fürcht mar, 's ischt a Graus;
i sieh jô vornei' schau', mei' Treina keit mi naus.
Amtmann
Wie, fürchtest du dein Weib? Du mußt so schlecht nicht denken;
dein Weib, ein schlechtes Thier, soll dich als Mann nicht kränken.
Laß sagen, was sie will, sey herzhaft als ein Mann!
Frag nichts nach ihr, weil sie dir nicht befehlen kann.
Florian Simpel
O! g'schtrenger Herr, wia gôht's? wenn d'Weiber môl seand Moischter,
so muaß a Ma' noahgea' mit alle Leabasgoischter.
Ar wearad's wissa seall bey uiar g'schtrenga Frau;
wenn sui sait jô, itt wôhr? so theand ar's dänischt au.
Stephan Hasenfuß, Schneider
O norrisch loß da nit in Kopf so Grilla kemma!
Glai' foß di uf da Stell, thu's Schulzenomt onnehma!
Du bist da Mo' darzua; os will di hoba olls.
Mein, fürcht' dei' Frau nit so! sie follt dar um da Hols,
wenn du ols Schulz hoam kemmst. O Flori! loß der's g'follen!
Du bist da Mo' darzua, i sog das, und vor ollen.
Veit Balger
Wenn nu' dear Schneider schwieg; as gôht an a' koi' Hôr;
in d' Fremde ischt ar aischt grad voram halba Jôhr.
Jetz bringt dar Narr a Schprôch in's Dorf rei' mit seim Ranza;
o! wenn i Moischter wär, i wötta gauh' a'schwanza.
So Narra gauh't g'schwind futt, und kommat bärig naus,
so bringat se an Zopf und nuia Schprôch ins Haus.
Ar hau't a Weasa dô, ar hau't dô Steampaneya:
dees Apperlausa ka' mi schröckele denn keya.
Ar woißt am beschta seall, was Schultasa sei' Reacht;
a . . machat koi' so G'schroi! a . . hau't do koi' so G'feacht.
Will ar itt Schultas sei', so lau't da Narra laufa!
Mar könnat oin, wia ear, glei' um an Groscha kaufa.
As geit no andre Ma', dia taugat in dees G'schirr.
Amtmann
Sey still, und mich in dem, was ich thu, nicht verwirr'!
Veit Balger
As ischt aso nôh Gau'scht, nôh 's Pfarrs seim Willa ganga.
As ischt sei' Däting g' sei': so ka' ma' s Glück verlanga.
Ma hoißt mi grob, und i schwätz redle, glaubat's doch!
Amtmann (zum Amtsknecht)
Marx Kempf! pack an und steck den Flegel gleich ins Loch.
Amtsknecht
Komm, Balger, komm! ich will den Amtsbefehl vollziehen;
du mußt in's Loch, komm her! du wirst mir nicht entfliehen.
Du schwätzst einmal zu grob; du bist einmal zu hart!
Komm, komm! denn nicht umsonst trag ich um's Maul ein' Bart.
Veit Balger
Uf dees kommt's drum itt a': Bardau', Bardau'! lau't 's gealta!
I gi' mi und will au da Flori nimma schealta!
Mei'thalba Schultas sey, wear will, i halt mei' Maul,
und denk, was Goldschmieds Bua, und dees darzua itt faul.
Amtmann
Wer soll geduldig sein in diesem Baureng'stöber?
Er bittet um Pardon, und ist doch immer gröber.
Veit Balger
's ischt nu' mei' Redlichkoit –
Amtmann
Genug! nun jedermann
dem neuen Schultheiß soll Glück, Segen wünschen an.
Glückwunsch
Vivat! euser Schultas Flori!
Ar leab glückle in dar Glori;
ar leab wohl,
seagavoll!
O! mir wei'schat Glück darzua.
Ar leab wohl bey Weib und Kinder,
Gäul und Ochsa, Säu und Rinder.
häb koi' Naut!
Nôh am Daud
geab am Gott die ebig Ruah!
Pfarrersknecht
I bi' as Pfarr's sei' Kneacht; ar lôt ui froi'dle grüaßa;
ar schickt mi hear zua ui, weil ar hôt haira müaßa,
daß Flori Schultas sey, ar ischt vo' Heaza frauh.
Am Amtma' geit ar's Lob, und deam Herr Schreiber au.
Ar wai'scht dar ganza G'moi'd viel tausad Glück und Seaga.
Ar will itt schuldig sei', und dees vo' uiartweaga.
Ar moi't halt nôh am Reacht, daß älls huit ganga sey,
und will halt gar itt hau', daß ma dees Ding ihn zeih.
Jetz neahmat so verlieab; i muaß gauh' Mischt ausfüahra;
ins Wiathshaus kommt ar seall zum G'moi'dstrunk uma Vieara.
Florian Simpel, neuer Schultheiß
Sag zum Herr Pfarr, i laß a grüaßa wieder glei';
i komm schau' seall zua ihm, i sag am's auhne Scheu,
daß ar dahoimat bleib: in's Wiathshaus zua di Baura
daugt 's Hairle oi'môl itt, sei' Aihr thät itt lang daura.
A Pfarr schafft itt viel Guats, dear mit di Leuta z'g'moi',
ma fürcht-a nimmamaih; i sag halt, wia i' s moi'.
Sag nu', ar soll uf mi dahoim a bitzle waata,
ar thät su'scht, sag am's nu', z'letzscht mit di Baura kaata.
Hau't d' Baura Räusch, so schwätzt ma halt vo' ällerloi,
und hôt as Hairle oin, so kommt ar halt in's G'schroi.
Lôt ar au, wia as gôht, au'reachte Reda schiaßa,
so geit as gar nix Guats; sag nu', i laß-a grüaßa.
Pfarrersknecht
Deaf aber i dees Ding meim Herra saga gauh'?
Florian Simpel
Narr! sag nu', i häb's gsait; dei' Herr, ar kennt mi schau'.
Ar ischt a Goischtlicher; as wead ihn itt verdrieaßa,
i sorg nu' für sei' Aihr; sag nu', i laß-a grüaßa.
Pfarrersknecht
I sag oi'môl dees itt, ar thät mi schealta grob.
Florian Simpel
O Kneacht! bischt du a Narr; as ischt nu' zua sei'm Lob.
Pfarrersknecht
Ei, sagat's Ihr ihm seall; i müaßt's wohl redle büaßa.
Florian Simpel
Gang, sag am's du nu' keack, und sag, i laß-a grüaßa.
Pfarrersknecht
Ihr machat mi itt a', i bi' ui koi' so Narr;
dees Ding leid't's Schnaufa itt, i kenn viel z'guat mein Pfarr.
Wenn ar an Zôra hôt, so ka-n-ar fürchtig schealta,
's ischt zwôr sei' Tugad so, ar lieaß mi's g'wiß vergealta.
Was mi itt brenna thuat, dees oi'môl i itt blôs';
i kenn da Pfarr, ar ischt a reachter Santi Klôs.
Florian Simpel
Bischt du a Pflitterar, ar lôt di's g'wiß itt g'nieaßa;
in's Wiathshaus taugt's Hairle itt; sag nu', i laß-a grüaßa.
Amtmann
Mach von uns Beeden auch ein schönes Kompliment.
Veit Balger
So gôht as in dar Wealt; jetz hôt dar G'schpaß an End.
Weblink
ändereSebastian Sailer „Schultheißenwahl in Limmelsdorf“ uf Projekt Gutenberg.de