Text:Sophie Haemmerli-Marti/Mis Chindli/Nachspann
Nachspann
- Worterklärungen
Abelo = herunterlassen.
ächt = etwa, wohl.
äke = anhaltend bitten.
Äli = eine Liebkosung.
Ärfeli = Umarmung.
allewil = immer.
allwäg = jedenfalls.
ame = ehemals, jeweilen.
Anke = Butter.
as = dass.
balgen = schelten.
Bändelzöpf = Bandenden.
batte = nützen (es battet nüt = es hilft nichts).
bhüetis trüli = Ausruf des mitleidigen Erstaunens.
bis = auch: sei.
bitzeli es = ein bisschen.
bizite = bei Zeiten.
Blätzli = ein Stückchen Blüeschtli = Baumblüte.
blutt = nackt.
Bluttmüsli = nacktes Mäuschen.
bodeluschtig = sehr lustig.
bolzgrad = steif wie ein Bolzen.
brägle = herunterfallen, herumliegen.
brichte = berichten, erzählen.
briegge = weinen.
Bröche = Brotbrocken in der Milch.
brote = braten.
Brülle = Brille.
brünne = brennen.
Bufinkli = Buchfink.
Bumpel = Tasche.
Burscht = Bursche.
büschele (sMüli) = das Mündchen spitzen.
Chäber = Käfer.
Chacheli = Tongeschirr, Tasse.
chauscht = kannst.
Chemi = Kamin.
Chimli = Keim.
Chneu = Knie.
Chralle = Glasperle.
chreie = krähen, jauchzen.
Chriesibluest = Kirschenblüten.
Chrömli = kleines Backwerk.
chrotte = niedlich (von Kröte.)
Chröttli = kleine Kröte.
Chruselchöpfli = Krausköpfchen.
Chrütz = Kreuz, Kummer.
Chumber = Kummer.
Chüechli = kleine Kuchen.
Chuderwältsch = Kauderwelsch.
chum = kaum.
chumm = komme.
chündig = schelmisch.
chuschte = eine Speise kosten.
Däderle = plappern.
Dank heigisch = du sollst Dank haben.
dervo = davon.
Ditti = Puppe.
drang = schwierig.
dure = dauern (im doppelten Sinn).
Düreli, es Düreli mache = das Gesichtchen zum Weinen verziehen.
durezie = hindurchziehen.
düssele = schleichen.
Ebhebe = festhalten.
ebig = ewig, immerwährend.
echli = einwenig.
Eggeli = Ecke.
eisder = immer.
eismols = auf einmal.
eiswägs = sofort, im Nu.
eleigge = allein.
em = ihm.
erplange = ersehnen.
Eschterig = Estrich.
etgäge = entgegen.
eusers = unser.
Fäckli = Tuchfetzen.
Ferte = Wildspuren.
flattiere = schmeicheln.
Flattierbüsi = Schmeichelkätzchen.
flotsche = im Wasser patschen.
frei, es isch frei = zufrieden, brav.
frei, es juchset frei = sogar, von ganzer Seele.
fund = fände man.
fürchunt = hier: hervorkommt.
Gable = hastig und unsicher nach etwas greifen.
Gälämez = Goldammer.
gäll = gelt.
gänd = geben. (3. Pers. Plur.)
ge = geben (Inf.)
ghüslet = karriert.
Gispel = von Gisple = ziellos herumfahren.
girpse = knarren, von Schuhen.
gleitig = schnell.
gluschte = gelüsten, sehnsüchtig verlangen.
gnage = nagen.
gnue = genug.
goge = gehen um zu.
göhmmer = gehen wir.
gohni = gehe ich.
Götti = Pate.
grad = sofort, soeben; auch: genau so.
Grätsch = Gerede, Schwätzerei.
Grosi = Grossmutter.
grote = geraten, sich ereignen.
grueie = ausruhen.
Grümpel = Gerümpel.
grümsele = wimmern.
grumpfig = verrunzelt.
grüsli = sehr.
gschägget = gesiegt, zweifarbig.
gschnellt, ufeschnelle = hinaufschwingen.
gschweige = ein kleines Kind warten, zum Schweigen bringen.
gugge güggle = spähen, gucken.
Güezi = kleines Zuckerwerk.
gumpe = hüpfen.
günne = pflücken.
Gutsche = Kutsche.
Gütterli = Fäschchen.
guschle = undeutlich sprechen.
gvätterle = spielen.
Gwaschel = lustiges Geschwätz.
Hälfebei = Elfenbein.
hämmirs = haben wirs.
hampfelewis = ganze Hände voll.
Händsche = Handschuhe.
Haspel = Garnwinder, hier lebhaftes Kind.
haupthöchlige = so laut man kann, sehr.
he = hin.
hert = hart.
heidruff = mit Halloh, schnell.
Helgeli = Bildchen.
heusche = demütig um etwas bitten.
höckle = sitzen.
Holz = auch: Wald.
höre = aufhören.
hübscheli = sachte.
im Hans = dem Hans.
Imbeli = Bienen.
is = uns.
Isebahn = Eisenbahn.
jufle = hastig arbeiten.
juchse = jauchzen.
Jüppe = bäurischer Trachtenrock.
Ke, kei = keine.
kumidiere = kommandieren.
Kunterfei = Porträt.
Lach = alte Form für lass.
Läbtig = Lebtag.
Läufterli = Fensterteil.
libermänts alls = alles zusammen.
Liebeli = Liebkosung.
linggs = links.
lislig = leise.
lisme = stricken.
lit = liegt.
lost = horcht.
luege = schauen.
Lumpegschirr = Nichtsnutz.
luter = klar, lauter
luter = nur, alles.
Mänge = mancher.
mängisch = manchmal.
Meie = Blumenstrauss.
meint si, es = es ist stolz.
meischterlosig = übermütig.
mer = wir und man.
miech = würde machen.
mole = malen.
müede = anhaltend, bitten.
Müedi = Müdigkeit.
Mul, Müli = Mund, Mündchen.
munzig = winzig.
Müschterli = Anekdoten.
ne = ihnen.
nieders, es = jedes.
Niemerem = niemandem.
niene = nirgends.
nonig = noch nicht.
Nüggi = Schnuller.
nume = nur.
nümme = nicht mehr.
oeppe = etwa.
oepper = jemand.
ordlig = ordentlich.
parat = bereit.
Pfeischter = Fenster.
plange = sich sehnen.
Plunder = Kram.
pretzis = genau.
Puteheieli = Wickelkindchen.
Raggerischeer = abgenutzte Schere.
Risblei = Bleistift.
rite = hier: ausfahren im Wagen.
rode = bewegen.
Rugel = Knäuel.
rugele = sich kugeln.
Rüschele = eine Garnitur frz. ruche.
rütere, umerütere = herumtollen.
säb = jenes.
Sächli = wichtige Geschichte.
Sagmähl = Sägemehl.
Sack = hier: Tasche.
Schärbe = Scherben.
schärbis = schief.
Scheube = Schürze.
Schib = Fensterscheibe.
schier = fast.
Schöche = Heuhaufen.
Schoppe = gefülltes Milchfläschchen.
schleike, füre schleike = hervorzerren.
schletze = Türe zuschlagen.
schlo = schlagen.
schmöcke = riechen.
Schmützli = Kuss.
schneugge = naschen.
Schnuf = Atemzug.
schnufe = atmen.
schröckli = schrecklich.
schwable = schwadern.
schwänzle = baumeln, herunterhängen.
se, do se = da nimm, da sieh.
seig = sei.
sett = sollte.
sorg ha = Sorge tragen.
Spiegelmeusi = Spiegelmeise.
spore = strampeln.
staggle = stottern.
Stämpfeli = Trampetierchen.
stif = steif.
Storeheini = Storch.
suscht = sonst.
surre = summen.
Summervogel = Schmetterling.
Tätsch = Schläge.
tätschle = klatschen.
teuf = tief.
Trämpeli = von trämpele = trotten.
treisch = trägst.
trolen = fallen.
trout 's m (Dat.) = jemand getraut sich.
ue = hinauf.
überchunt = bekommt.
übercho = bekommen.
überue = in den oberen Stock.
umege = zurückgeben, erwidern.
umerangge = hin- und herrutschen.
umeschnogge = auf dem Boden kriechen.
umetetsche = herumtrampeln (im Morast).
undereinisch = auf einmal, plötzlich.
Ungfell = Unfall.
use grütscht = herausgerutscht.
Verchosle = beschmutzen.
verhebe = zuschliessen, halten.
verheit = zerbrochen.
vernetzen = nass machen.
verrisse = zerreissen.
verrode = bewegen.
versärble = verwelken.
verstunet = erstaunt.
verstrupst = zerzaust.
vertue = ausbreiten.
verwirfle = flicken.
verzellt = erzählt.
Viere, mit alle V. = mit Armen und Beinen.
Viöndli = Veilchen.
vorus = voran.
Waschle = plappern.
wämmer = wollen wir.
wätters Chind = Tausendsassa.
was wänder meh = was wollt ihr mehr.
weidli = schnell.
Wienechtchindli = Christchind.
Wid = Weidenrute.
witt = willst.
wott = will.
würkli = wirklich.
wüescht tue = Lärm machen, sich unfein benehmen.
Zäberle = mit schnellen Schrittchen gehen.
zable = zappeln.
Zänd = Zähne.
zangge = sich zanken.
zäntume = überall.
Zeine = Korb, Korbwagen.
zerscht = zuerst.
zhindefür = drunter u. drüber, aus dem Häuschen.
zobe = am Abend.
Zobig = Vieruhrbrot.
zwäg = hier: bereit, (sonst auch gesund).
zwitzere = schnell hin und her fahren.
- Urteile über «Mis Chindli»
Otto von Greyerz (1863–1940): Die Verfasserin hat das Glück (aber es ist nicht bloss Glück, es ist auch Einsicht und Verdienst), auf einem engen Gebiet der Poesie Meisterin zu sein. Sie singt das Glück der jungen Mutter, sie singt es warm, innig, in den wahrsten Tönen, weil es ihr eigenes ist. Aber noch mehr: Obgleich eine Frau von feinster Geistesbildung, verschmäht sie die schlichte Sprache des Volkes nicht, aus dem sie selbst hervorgegangen ist. Ihre Poesie adelt die Mundart, wie es Hebels Poesie getan hat, wie es Reinharts und Lienerts Lieder tun. Wie bei diesen, so ist auch bei ihr die Mundart nicht bloss gewollte oder ge-suchte Form, sondern natürlicher Ausdruck. Daher bleibt sie auch ganz in der einfachen Form des Volksliedes, kurze Strophen, einfache Reime, jeder Vers ein Ganzes, der Ausdruck anschaulich, die Empfindung wahr, ungebrochen, ungemischt. Wer mit so einfachen Formen Poesie schafft, leistet ein Höchstes in seiner Art. Die Kritiker, die über Mundartliedchen dieser Gattung wohlwollend lächelnd hinweggehen, ahnen nicht, was Meisterschaft heisst, sie denken auch nicht, was es bedeutet, dem einfachen Volk Mutterlieder zu schenken, die kein Getändel und keine Phrase, sondern Poesie sind. (Mitteilung über Jugendschriften des Schweiz. Lehrervereins, 31. Heft.)
Hans Thoma (1839–1924): Von Sternen und Blumen«Da ich gerade von Blumen spreche und vom Dialekt, so kann ich nicht un-terlassen, von einem gar schön geformten bescheidenen Blümlein zu sprechen, das ich auf Schwei-zerboden gefunden habe, auf Muttererde gewachsen, davon ist es so zart geworden, aus der Mutter-sprache gebildet, davon klingt es so lieblich. Ich will aber von meiner bildlichen Sprache abgehen, indem ich sage, dass ich mit diesem Schweizerblümlein ein kleines Bändchen Gedichte meine, betitelt: <Mis Chindli> v. Sophie Hämmerli-Marti, im Aargauerdialekt, und zeigen, wie melodisch dieser Dialekt klingt, wenn die zarte Mutterliebe in der Freude an ihrem Chindli ihn spricht.» (Propyläen, München 1910.)