Moritada ond Bänklsang
D Begriff Moritada ond Bänklsang (oder Bänklliad) bezeichnet Liadr, wo en greimde Strofa a handlongsreicha schaurig-scheena Gschicht vorzehlet ond vom 16. Johrhondert bis en de 30er Johr vom 20. Johrhondert vo-ra bestemmda Art vo Schausteller, genannt Moritada- oder Bänklsenger, uff effentliche Plätz vortraga worra send. Do drbei send dia Manna en dr Ofangszeit uff-em Boda ond en schbädre Zeida uff-ma kloina Bänkle gschdanda ond hend mit-ma langa Stock uf d Schaudafla zeigt, wo ihrn Gsang en naiv gmoolde, ibbich koloriirde Bilder – manchmol kunschtvoll ond noo wiidr kitschich – drasdisch illuschtriirt hend. Manchmol hot dr Vortragende au bloß gsonga ond des Zeiga uff d Bilder ema Familiamitgliid odr ema andra Ghilfa ibrlassa. Des, was dia Senger von sich gäa hend, hot mr entweder Moritat odr Bänklliad ghoißa, wobei dr Begriff Bänklliad wahrscheinlich erscht a bissle schbäder uffkomma ischt. Begleidet hend sich dia Senger meischdens mit-ra Drehorgl, seldener mit-ra Geig, ama Zupfinstrument oder ara Ziiharmonika. D Sproch ischt ganz schemadisch uffbaut gwäa ond dia wenige Melodiia, oft „entlehnt“ vo ma bekannda Volksliad odr ama Choral, hend sich vo Zeit zo Zeit wiiderholt.
Dialäkt: Schwäbisch |
D Herkunft vo selle zwoi Begriff
ändereIbr d Herkunft vom Wort Moritat ko-mr bloß spekuliira. De oine saget, s wär a leichda Abwandlong vom Wort Mordtat. Dui These dät abr bloß uff-nen Doil vo deane Liader zutreffa, wo’s om d Schilderong vo-ma Mord goht. En de Moritada werdet abr au andre Sachvorhalt besonga, zom Beischbiil Bekehrong ond Erbauong, Liibe, Treie, Eifersucht, Nadurkadaschdroofa, Schicksalsschläg, Wonder ond Profedii. Manchmol goht dui gsongena Gschicht sogar fir älle Beteiligte guat aus. Drom leit’s villeicht näher, de selle zo glauba, wo da Begriff Moritat vom franzeesischa „moralité“ ableidet, also a Liad mit-ra Moral, oder vom Rotwelscha „moores“ (Lärm, Schrecken).[1]
Oifacher isch dui Erklärong beim Wort Bänkelliad (abgwandlet au Bänkelsang ond Bänkelgesang). Irgendwann hot amol so a Moritadasenger dui Idee ghet, er kennt sich uff-nen Schemel, a Bänkle, stella, damit’r besser vo seine Zuaheerer gseha werde koo. Des hend-em de andre Moritadasenger nochgmacht, ond so isch dr Begriff Bänkelliad als a Synonym zom Wort Moritat entstanda.
Gschicht
ändereOgfanga hot älles zo Beginn vom 16. Johrhondert. Aus dera Zeit stammet de eldeschde ibrliiferde bildliche Darstellonga. Mit deane send dia Senger vo oim Ort zom andra zoga, hend deet Halt gmacht, wo grad ebbes los gwäa ischt, zom Beischbiil an Johrmarkt, a Kirchweihfescht odr a andrs Ereignis, wo viil Leit oozoga hot. De meischde vo de Leit hend domols weder läasa noch schreiba kenna ond send drom froh gwäa, irgend a Neiichkeit ibr a Gescheha zo erfahra, wo entressant ond meglichscht weit weg vo dr Hoimet bassiirt ischt. Während-em Vortrag ischt a Familiamitgliid oder sonscht a Gehilf vom Moritadasenger mit-ma Huat bei de Leit romganga ond hot Spenda eigsammlet.
De ursprengliche Bezeichnonga vo de Vortragende send „Zeidongssänger“ ond „Schildersänger“ gwäa.
Hochkonjunkdur em 19. Johrhondert
Wia noh mit dr Zeit dr Analphabetismus emmer meh zruckganga ischt, send aus deane „Zeidongs-Senger“ uff oimol „Zeidongs-vorkaifer“ worra. Uff oimol hot s Volk dia Liader au druckt kaufa ond drhoim nomol nochleasa kenna. En viile Fäll ischt uff deane druckde Ausgaba au noh a ganz ausfihrlicha Schilderong vom Ereignis en Prosa enthalda gwäa. Drom stammet dia ibrliiferde Tekscht vo alde Moritada erscht aus so-ra spädra Zeit us-em 19. Johrhondert. A Kennzeiche vo deane Tekscht ischt, dass en de selle oft ganz dick ufftraga wuud: S Grausame koo et grausam gnuag sei ond des, was d Leit rihra soll, et rihrend gnuag. Außerdem hend de meischde Liader an arg lange Titl vorpasst kriagt, zom Beischbiil
- Das zerschnittene Kind, welches von der Mutter, einem Dienstmädchen aus Hamburg, nach der Geburt zerstückelt und in ein Closet geworfen wurde.
- Des Adlers Horst oder: Das durch Mutterliebe aus dem Neste des Adlers gerettete Kind. Eine wahre und rührende Geschichte, welche sich in Tyrol vor Kurzem zugetragen hat.
- Der Schwur der Treue oder: Die lebendig begrabene Braut.
- Ausführlicher Bericht über die Erschießung des Kaisers Maximilian von Mexiko, nebst ausführlicher Lebensbeschreibung dieses unglücklichen Regenten und seines Gegners Benito Juarez.
Vorbroidet isch der Brauch vom Moritada-Senga en fascht ganz Eiropa gwäa.
Em Lauf dr Zeit hend emmer meh Manna des „Handwerk“ ausgiabt, so dass mr bald emmer wiider an Nochschuab an Moritada ond Bild-Dafla braucht hot. Uff dui Weis send mehrere Berufszweig entstanda, wo vo deam Gschäft leaba hend kenna: oinerseits d Vortragskinschtler ond ihre Gehilfa, andrerseits au d Autora vo de Liader ond nadiirlich au d Schildermoler. Ofangs hend sich dia besongene Ereignis oft weit en dr Vorgangaheit abschbiilt. Weil abr so nooch ond nooch s Publikom meglichscht akduelle Gschichda hot heera wella, mit so ebbes dia Macher abr et nochkomma send, hot mr sich halt do drmit beholfa, dass dui Gschicht nemme datiirt gnannt worra ischt, sondern ganz oifach „en jengerer Zeit“ oder „en deam Johr“[2] gschbiilt hot.
Schwiirichkeida mit dr Obrichkeit
S leit uff dr Hand, dass dia Moritadasänger en viile Städt et bloß uff Gegaliabe gschdoßa send, schliaßlich hend se et selda polidische Eißeronga von sich gäa oder gar gerichtliche Entscheidonga kommendiirt. Drom send se en dr Regel vo dr Ortspolezei streng beobachdet ond ggf. ermahnt odr gar vorhafdet worra. Viilerorts isch’s au iblich gwäa, dass se ihre Tekscht vor-em Absenga dr Polezeibeherde hend vorlega miaßa, wo no des Werk zensiirt freigeaba odr gar vorbodda hot.
Mit-em Aufkomma ond dr Vorbreidong vo de Media Film ond Radio em erschda Virdl vom 20. Johrhondert isch dui Bänkelsängerei emmer meh zruckganga ond schliaßlich vom Markt ond vo dr Stroß vortriiba worra.
A Moritada-Beispiil
ändereSchreckliches Unglück, welches sich in Gossau im Canton Zürich im Jahre 1825 durch ein Erdbeben zugetragen hat, allwo in einigen Minuten über 1000 Menschen theils verwundet, verkrüppelt, theils aber ihren Tod fanden.[3]
1. Höret, Freunde, die Geschichte,
Welche in der Schweiz gescheh’n.
Wovon ich Euch hier berichte,
Was noch nie ein Mensch geseh’n.
Eine Kirche wollte dorten
Die Gemeinde sich erbau’n.
Was geschah – läßt sich mit Worten
Nicht beschreiben anzuschau’n.
2. Armuth hat dieß Dorf gedrücket,
Doch ihr Wille, der war Gut;
Was das Schicksal öfters schicket,
Dieses kommt uns unvermuth’t.
Doch den Schöpfer zu verehren,
Wandten sie auch alles an,
In dem Haus des Herrn zu hören,
Wie er Christus segnen kann.
3. Wie der Grundstein war geleget,
Fingen sie zu mauern an.
Welche Freude dies erreget,
Denk sich jeder fromme Mann.
Sparsam gingen sie zu Werke,
Ihre Casse war zu schwach;
Doch belebt von Muth und Stärke,
Mauerten sie bis ans Dach.
4. Nun sind Zimmerleute kommen,
Die den Dachstuhl drauf gemacht;
Jedermann, der dieß vernommen,
Hat die neue Kirch betracht’t.
Wie die Deck nun aufgeschlagen,
Die den Dachstuhl mit verband,
Konnte noch kein Mensch nicht sagen,
Was die Zukunft macht bekannt.
5. Ohne Säulen sollt sie stehen,
Daß sie recht hell möchte seyn,
Damit man den Pfarr’r könnte sehen
Und mehr Menschen gehn hinein.
So weit war sie nun gebauet,
Beinah‘ zur Vollkommenheit;
Wer den schönen Bau beschauet,
Hat im Herzen sich gefreut.
6. Viel Bewohner aus dem Orte,
Die man Pfarrgemeinde nennt,
Eilten an des Kirchhofs-Pforte;
Nachbarn kamen auch behend,
Um die Rede anzuhören,
Die Pfarr’r Waser allda hielt,
Gott, den Höchsten zu verehren,
Weil ihr Wunsch nun war erzielt.
7. Eine große Menschenmenge
Stieg auf das Gebälk hinauf,
Es entstand ein groß Gedränge –
Warnend sprachen gleich darauf
Die Vorsteher und Bauleute:
Nehmt Euch, liebe Leut, in Acht,
Dass Ihr Euch aus Neugierfreude
Nicht unglücklich dabei macht.
8. An die 1000 Menschen standen
Oben auf dem Kirchenbau;
Gute Freunde und Bekannten
Überlegtens nicht genau,
Daß die Last der feuchten Mauer
Durch den Druck möcht schädlich seyn.
Plötzlich stürzt – o welch ein Schauer!
Alles zu der Kirch hinein.
9. Welch ein Jammer, welcher Schrecken
Entstand nicht in diesem Ort!
Menschen sah man leider stecken
Unterm Holz, als wie ermord’t.
Der Herr Pfarrer wollte eben
Seine Rede legen ab.
Welch‘ Entsetzen muß das geben,
Wenn man lebend kommt ins Grab.
10. Todte und Blessirte brachte
Man noch aus dem Schutt heraus.
Mancher, der daran nicht dachte,
Starb in diesem Kirchenhaus.
Daher soll man sich nicht wagen,
Wenn man die Gefahr schon sieht.
So ist schon in unsern Tagen
Mancher junge Mensch verblüht.
En dr heidiga Zeit wirket manche Moritada scho wia ihr oigena Parodii. Trotzdem isch’s et ausbiliiba, dass sich an Haufa Poeda drogmacht hend, au d Moritada zo parodiira. Send bei de echde Moritada Gschichda vorzehlt worra, wo sich tatsächlich zuatraga hend, hend d Parodischda oigene Gschichda erfonda ond do drbei noh meh ibrtriiba wia bei de Original, zom Beispiil:
- Verzweifeltes Schicksal und zweifelhafte Rettung zweier europäischer Amerikaner[4]
- Höchst wahrhaftige, anfangs zuckersüße, am Ende aber tragisch-scheußliche Geschichte zweier Liebenden, Eduard und Kunigunde geheißen, so sich solche in der aschgrauen Vorzeit, als die Leute alle noch dumb waren, begeben; unsern absonderlich erleuchteten Zeiten zur Warnigung und Ergötzigung fürgestellet und mit Bildern verzieret von Jodocus Buchsbaumerl (so dr vollstendige Titl)[5]
Manche vo selle Parodija hend’s sogar gschafft, zo-ma Volksliad zo werra, zom Beischbiil
- Höchst schauderhafte Begebenheit, welche voriges Jahr am dreißigsten Februar ist begangen worden, nebst Beschreibung von der Verlaufung der ganzen Sach. Ofanga duat des Liad mit dr Zeile „Sabinchen war ein Frauenzimmer“.[6]
- Die Geschichte von einem wunderschönen Polenkind oder: Zu früh verschenkte Liebe[7]
Vo de Liader geit’s – wia des bei Volksliader oft dr Fall ischt – Tekschtfassonga, wo manchmol arg vo-n-anander abweichet.
En dr Tradizioo vom parodiirenda Bänkelsang standet au dia Schnitzelbenk, wo viilerorts bei dr schwäbisch-alemannischa Fasnet ond dr Basler Fasnet ihrn feschda Platz hend.
Aber et bloß bei dr Fasnet wuud dui Tradizioo vom parodiirenda Bänklsang fortgfihrt. S entstandet emmer mol wiider neie Werk, wo bei-ra passenda Gleagaheit e-ma Saal ond manchmol au em Freia zom Beschda gäa werret, zom Beischbiil vom Michael Federsee ond vom Heiner Schäfer.[8] Dr Ledschdere treibt des Ganze ad absurdum uff d Spitze en seira Moritat vom Moritatensänger. Dr Refrain goht so:
Er war Moritatensänger,
er zog oft von Ort zu Ort,
sein Gesang ward bang und bänger,
manchmal jagte man ihn fort.
Do drnoch vorzehlt des Liadle dui Gschicht vo sellem Moo, wo bei an Haufa Leit weaga seim Schauergsang uff a rigorosa Ablehnong gschdoßa ischt. Irgendwann hot noo a Wichdichduer da Pebl uffgfordret, dean Kerle om d Ecke zo brenga. Uffheera duat dui Moritat so:
Und so ward’s dann auch geschehen:
Umgebracht ward jener Mann.
Zum nächsten Markt konnt er nicht gehen,
weil sein Blut in Strömen rann.
Die Moral von der Geschichte:
Singe nie von einem Mord!
Denn es lehret dies Gedichte:
Schändlich ist des Todes Wort!
Grabliadr
ändereA Unikum em geischtlicha Gwand isch dr oberschwäbische Pfarrer Michael von Jung (1781 bis 1858) en seira Kirchagmoind z Kirchdorf bei Memmenga an dr Iller gwäa. Der Moo hot sich zom Dichter beruafa gfihlt ond sei Neigong so ausgleabt, dass’r bei de Beerdigonga vo seine „Schäfla“ d Predigt durch a selbschtvorfassts Grabliad em Stil vo-ra Moritat ersetzt ond des Liad mit Gidarrabegleidong am offena Grab vortraga hot. Uff dui Weis ischt-em a graußa Aufmerksamkeit zoteil worra. Wia no schliaßlich em Jung sei vorgsetzda Kircha-Beherde Wend vo dera Sach kriagt hot, ischt-em des Senga am offena Grab ondr Odrohong vo-ra Stroof vorbodda worra. Des abr hot sellen Pfarrer ibrhaupt et gschdeert: Er hot sei Stroof zahlt ond weiderhin gsonga.
Bis 1837 send so viile Liadr zammakomma, dass dr Jung glaubt hot, an deane kenndet villeicht au andre Leit ihr Freid dro han, wo net vo Kirchdorf send. S wär doch schee, wenn dia Liadr e-ma Biachle standa dätet! Abr als Pfarrer därf’r dia et so oifach drucka lassa, er braucht a kirchlicha Druckerlaubnis. Also schickt’r hondert vo seine Liadr, wo-nr denkt, se seiet de schenschte, ans Bischefliche Ordinariat nôch Roddaburg ond biddet om Druckerlaubnis. Abr do drmit stoßt’r beim Ordinariat uff daube Ohra. S wuud-em et bloß d Druckerlaubnis vrsagt, er kriagt au noh da Befehl, endlich mit dera ärgerlicha Sengerei uff-em Kirchhof ufzheeret. Dr Jung abr schert sich au do drom et. Er geit dia Liadr em Selbschdverlag raus ond sengt weiter bei de Leicha seine Moritada. Seira Liadrsammlong geit’r da Titel Melpomene oder Grablieder.[9] Zor Oschauong folget a baar Vers us-em Grabliad
Bei dem Grabe eines Mannes, der mit einem Regenschirm erstochen wurde
Hier schlummert eines Mannes Leiche,
Und modert in der Todtenbahr,
Der selbst durch seine bösen Streiche
Die Ursach seines Todes war.
Er war der Trunkenheit ergeben
Der Spötterey und Händelsucht,
So ward von seinem bösen Leben
Sein früher Tod die böse Frucht.
Noch dera Eileidong vorzehlt des Liad, wia der Kerle noch-ma Mädle Ausschau ghalda, schliaßlich au gfonda ond sich vormählt hot. Sei Weib ischt abr et glicklich mit-em worra, weil’r arg oft sei Geld em Wirtshaus vorsoffa hot. Wia-nr no amol en-ra Nacht ibrhaupt et hoimkomma ischt, hot sich sei Frau em Morgagraua uff d Suache noch-em gmacht. Em Wirtshaus wuud-ra gsait, dass ihr Moo noch-ra Schlägerei fortganga wär. Gemeinsam hend sich noo älle uff d Suache gmacht.
Sie suchten ihn den ganzen Morgen,
und fanden ihn am Nachmittag
In eines Waldes Nacht verborgen,
Wo er an einem Stumpen lag.
Doch welch ein Anblick! Blut entstellte
Das schwer verwundete Gesicht,
Und zu der Schmerzensqual gesellte
Sich Mangel an Verstandeslicht.
Man säumte nicht, ihn heimzutragen,
Und rief sogleich den Arzt herbei,
Der nicht ermangelte, zu sagen:
Daß tödlich er verwundet sey.
…
So starb der Mann an seinen Wunden,
In seiner beßten Lebenskraft,
Und hatte seinen Tod gefunden
Im Sturme wilder Leidenschaft;
Denn hätte er nach Lieb und Frieden,
Wie Jesus uns befiehlt, gestrebt,
So hätte er vielleicht hienieden
Noch fünfzig Jahre lang gelebt.
1849 isch dr Michael von Jung vom Bischeflicha Ordinariat noch Tettnang stroofversetzt ond zom Kaplan degradiirt worra.
Vo dr Stroß en da Saal
ändereEm 19. Johrhondert hend etliche Autora, wo zo dr Hochlitradur zehlet, erkannt, dass es sich em Moritada-Too prächdich polidisch spodda loot ond mr mit so-ra liderarischa Form guat Gsellschaftskridik iaba koo. Drom hot sich en dera Zeit en de Großstedt zo de Stroßa-Moritada a Parallelkuldur entwicklet, wo em Bänklsang da Weag uff d Kleikunschtbihna g’ebnet hot. S wichdigschde Begleitinschdrument ischt jetzt nemme d Drehorgl gwäa, sondern d Gídarr. Au send dia Liader et bloß en dr dridda Persoo abgfasst worra, sondern manchmol au en dr Ich-Form, so wia beim Liadle Der Tantenmörder vom Frank Wedekind (1864 bis 1918), vom Dichter selber em Johr 1902 em Kabaredd Die elf Scharfrichter en Mincha zom erschda Mol vortraga:
Ich hab’ meine Tante geschlachtet,
Meine Tante war alt und schwach;
Ich hatte bei ihr übernachtet
Und grub in den Kisten-Kasten nach.
Da fand ich goldene Haufen,
Fand auch an Papieren gar viel
Und hörte die alte Tante schnaufen
Ohn Mitlied und Zartgefühl.
Was nutzt es, daß sie sich noch härme! –
Nacht war es rings um mich her –
Ich stieß ihr den Dolch in die Därme,
Die Tante schnaufte nicht mehr.
Das Geld war schwer zu tragen,
Viel schwerer die Tante noch.
Ich faßte sie bebend am Kragen
Und stieß sie ins tiefe Kellerloch. –
Ich hab meine Tante geschlachtet,
Meine Tante war alt und schwach;
Ihr aber, o Richter, ihr trachtet
Meiner blühenden Jugend-Jugend nach.
Oft loot sich au a Schuss Erotik en so-ma Werk guat ondrbrenga. Als Beispiil diinet de erschde zwoi Strofa vom Erich Mühsam (1878 bis 1934) seira Moritat
Die drei Gesellen
Es war einmal ein Zimmergesell,
ein arger Gesell, ein schlimmer Gesell,
der ließ kein Weib in Ruh.
Er nahm, was in den Weg ihm kam,
ob grad, ob krumm, ob heil, ob lahm,
und wär’s ein Holzgestell.
Sein Nachbar war ein Bäckergesell,
ein frecher Gesell, ein kecker Gesell,
und aller Mädchen Freund.
Ob schwarz, ob blond, ob rot, ob braun,
er brauchte sie nur anzuschaun,
sie kamen auf der Stell.
Weidre Beispiil vo Autora ond Titl vo ihre Werk:
- Wilhelm Busch (1832 bis 1908): „Rieke“, „Trauriges Resultat einer vernachlässigten Erziehung“
- Richard Dehmel (1863 bis 1920): „Die zwölf sittsamen Gastwirte“
- Rideamus alias Fritz Oliven (1874 bis 1956): „Bum Bum“
- Ernst Klotz (1894 bis 1970): „Der versäumte Kuß“
- Bertolt Brecht (1898 bis 1956): „Moritat von Mackie Messer“ (us-em Theaderstick „Die Dreigroschenoper“ mit dr Musik vom Kurt Weill
- Erich Kästner (1899 bis 1974): „Die Ballade von Herrn Steinherz“, „Maskenball im Hochgebirge“, „Die Ballade vom Nachahmungstrieb“
- Fritz Graßhoff (1913 bis 1997): „Moritat vom eiskalten Gasanstaltsdirektor“
- Christa Reinig (1926 bis 2008): „Die ballade vom blutigen Bomme“
Soddiche litrarische Moritada entstandet bis en d Gegawart nei. Dr Tradizioo vo de Bänkelsänger vorbonda fihlt sich au dr Schweizer Peter Hunziker, wo sich selber als Bänkelsänger & Liedermacher bezeichnet ond bei seine Programm et bloß uff alde Moritada zruckgreift, sondern au neie oigene vortregt.[10]
Sonderausstellong en dr Stuegerter Staatsgalerii
ändereEn de 1970er Johr isch dr Bänkelsang a Objekt vo dr Forschong worra. Uff dui Idee, dean Bereich zom erschda Mol zo-ma Thema vo-ra Sonderausstellong en de hehre Raim vo dr Stuegerter Staatsgalerii ond zo-ma ausfihrlicha Kadalog drzua zo macha, ischt em Prof. Dr. Reinhard Döhl vo dr Universideet Stuegert 1974 em Lauf vo-ma litradurgeschichtlicha Seminar komma. Vo do oo ischt älles ganz schnell ganga: Dui Ooregong hot da Staatsgalerischda Dr. Arnulf Wynen ermudicht, sich zo-ra geheima privada Liabhaberei zo bekenna ond zo gestanda, dass s Herz ond d Long au noh ebbes anders brauchet wia dui ewiga museala Hochkuldur. A Glicksfall fir dia zwoi Manna ischt gwäa, dass grad en sellra Zeit d Frau Dr. Ulrike Eichler bei dr Staatsgalerii beschäfticht gwäa ischt, a ausgwiisena Expertin fir Trivialkunscht ond Bilderbeega. Dui widerom hot Kondakt ghet zo weidre Spezialischda. Schliaßlich hot sich a ganz Forschungsteam ans Werk gmacht ond em Eiltempo Matrial zammatraga fir a lehrhafda ond zogleich ondrhaltsama Sach.
Staddgfonda hot dui Ausstellong vom 14. Juni bis zom 24. Auguscht 1975. Zom Seha geba hot’s an Haufa Moritada-Schilder, Moritada-Tekscht, alde Moritada-Groschaheftla, Instrument zom Begleida vom Gsang, Koschdiim vo de Bänkelsänger, Gemälde, Zoichnonga und andre kleinere Requisida, wo mit sellra Kuldur ebbes zo doa ghet hend. Älle zeigte Gegastend send abr et echt gwäa, a baar hot mr als Nochbildonga ausgliha ghet beim Fundus vo de Wirdabergische Staatstheader.
Litradur ond Quella
ändere- Ulrike Eichler: Bänkelsang und Moritat, Katalog zor gleichnamiga Ausstellong, wo vom 14. Juni bis zom 24. Auguscht 1975 en dr Staatsgalerii Stuegert stattgfonda hot
- Hans Adolf Neunzig (Hrsg.): Das illustrierte Moritaten-Lesebuch, Nymphenburger Verlagshandlung GmbH, München 1973, ISBN 3-485-00008-6
- Herbert A. Gornik (Hrsg.): Die begrabene und lebend wiederauferstandene Braut – Bilder und Moritaten, Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh 1978, ISBN 3-579-04722-1
- Roland W. Pinson (Hrsg.): Liebe, Mord und Schicksalsschlag – Moritaten, Bänkel-, Gassen- und Küchenlieder aus drei Jahrhunderten, Gondrom Verlag, Bayreuth 1982, ISBN 3-8112-0290-1
- Wolfgang Braungart (Hrsg.): Bänkelsang, Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart, Universal-Bibliothek Nr. 8041, 1985, ISBN 3-15-028041-9
Schallbladd
ändereBitte recht traurig – Moritaten und Bänkellieder mit einem lachenden und einem weinenden Auge gespielt und gesungen von Freddy Quinn, Polydor Nr. 2371 295
Weblinks
ändere- Commons: Moritat und Bänkelsang – Sammlig vo Multimediadateie
- tagesspiegel.de Michaela Vieser: Der Bänkelsänger in Der Tagesspiegel vom 16. August 2009
- Das Bänkellied von der Seiltänzerin Elvira Madigan und den Folgen der Liebe des Leutnants Graf Sparre zu diesem Frauenzimmer
Fuaßnoda
ändere- ↑ Der Musik Brockhaus, Wiesbaden: Brockhaus; Mainz: Schott (1982), S 372. ISBN 3-7653-0338-0
- ↑ Ond „des Johr“ ischt gewissermaßa jedes Johr gwäa!
- ↑ Zo dr Melodii sait dr Druck nix. Mancher wird sich au frooga, was dui Gschicht mit-ma Erdbeba zo dua han soll. D Rechtschreibong ischt em Urzustand wiidergeba.
- ↑ Zo senga noch dr Weis „Guter Mond, du gehst so stille“
- ↑ S wuud noh druff nohgwiisa, dass des Liad a oigena Melodii hot.
- ↑ D Gschicht vo deam Liad
- ↑ S gsongene Liad
- ↑ http://www.swp.de/reutlingen/lokales/reutlingen/Schwaebisches-im-Frauenkreis;art5674,560535 (Site cha nüme abgrüeft wärde; Suche im (Site cha nüme abgrüeft wärde; Suche im [http://wayback.web.archive.org/web/*/http://www.swp.de/reutlingen/lokales/reutlingen/Schwaebisches-im-Frauenkreis%3Bart5674%2C560535 Webarchiv) Webarchiv]) Zeidongsausschnidd aus de Reitlenger Nochrichda
- ↑ D Melpomene isch dui grichischa Muse vom Trauerspiil.
- ↑ Archivierte Kopie. Archiviert vom Original am 22. April 2016; abgruefen am 5. April 2016.