Farbstein isch e Witerleitig uf dä Artikel. Witeri Bedütige sind under Farbstein (Begriffsklärig) ufgführt.

De Prof. Dr. David Zvi Farbstein, jiddisch דוד פֿאַרבשטיין (* 12. August 1868 z Warschau, Russisches Riich; † 18. April 1953 z Wiedike, Züri) isch en bedütende jüdisch-schwiizerische Politiker, Staatsmaa und mehrfache Millionär ksi.

De Farbstein, wo ursprünglich us em russische Kongrässpole cho isch, isch ab 1922 s zweite jüdische Mitglied vom Schwiizer Nationalrat ksi, bis er 1938 us Protäst gäge d Behandlig vo flüchtende Jude a de Schwiizer Gränze zruckträte isch.

Ab de 1880er-Johr isch er en Understützer vom politische Zionismus ksi und hät zu de Vertroute vom Theodor Herzl khört, hät in finanziell gförderet und für en de ersti Zionistekongräss z Basel organisiert. 1897 isch er Mitgliid vo de Sozialdemokratische Partei vo de Schwiiz worde, isch vo 1922 bis 1938 d füehrendi Persönlichkeit vo de Partei ksi und hät vo 1952 bis zu sim Tod de parteiliche Generalsekretär ksi. Vo 1902 bis 1926 isch er für d SP Zürcher Kantonsrat, vo 1922 bis 1938 Nationalrat und vo 1904 bis Zürcher Stadtrat ksi. Im Zweite Wältchrieg, wo er teilwiis probiert hät, dütschi Jude vor em Holocaust z rette, und d Nazis kritisiert hät, hät er sich i de spote 1940er-Johr vo de sozalistische Idee abgwändet und mit em Beginn vom Chalte Chrieg ab 1947 en antikommunistische Kurs igschlage, isch aber witerhin bi de SP blibe und hät e Politik vo de Westbindig verfolgt (wie z Dütschland de Konrad Adenauer). Ab 1948 hät er öffentlich d Politik vo de Sowjetunion under em Josef Stalin, wo immer antisemitischer worde isch, kritisiert und hät die bürgerliche Parteie, wie die rächtskonservativi BGB, ideologisch understützt. Sim links-bürgerliche politische Stil seit mer hüt Farbsteinismus.[1]

Zu de gröschte Erfolg vo sinere politische Karriere zelt unter anderem d Förderiig vo de Glichberächtigung vom Judetum i de Schwiiz, d Bekämpfig vom Antisemitismus und d Politik vo de Westbindig. Er isch bis zu de 1940er-Johr massgäblich am Ufstig vo de SP i de Stadt und Kanton Züri (lueg: Rots Züri) und spöter i de Schwiizer Bundesrat beteiliget ksi. Hüt khört de Farbstein zu de Persönlichkeite vo de Stadt Züri und zu de gröschte Jude vo de schwiizer Gschicht.[2]

Früeheri Johr

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Chindheit

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De David Farbstein isch, mit eme liecht verkürzte linke Arm, am 12. August 1868 als ersts vo insgesamt zwei Chinder in em Vorort vo Warschau uf d Wält cho. Er isch vo nere wohlhabende Familie von Talmudglehrte abgstammt. Sin Vater Samuel Wolf Farbstein, en gadlete, us em österriichische Böhme stammende sekuläre Jud, hät nach de Übersidlig uf Pole Talmud gstudiert und isch en Rabbi worde. Sini Muetter Augusta (geb. Aschkenasy) isch e wohlhabendi polnisch-russischi aschkenasischi Jüdin ksi. Em Farbstein sin Brüeder hät Joshua Herschel gheisse und isch spöter polnische Sejmabgordnete und en israelische Misrachiführer ksi. 1948 isch dää als General im israelische Unabhängigkeitschrieg gfalle.

D Herkunft vo de Familie hät spöter erheblichi Folge für em Farbstein sin Charakter ka. Vo de Muetter hät er Disziplin und sprachliche Sensibilität glehrt. Vom Vater hät er de Stolz uf sini Herkunft erläbt.[3] Sini Muetter hät ihn au sportlich chönne begeistere: er hät chönne Fächte und Rite.

Jugend und Militärdienst

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Ab sim sächste Läbensjohr isch de Farbstein inne Cheder (jüdischi Schuel) id Schuel gange und hät es Diplom als Rabbiner erworbe. Er hät zu dere Ziit fliessend Jiddisch, Hebräisch (was damals nu e Schriftsprach ksi isch) und Polnisch gredt. Das er i de Gnuss vo dere guete Bildig cho isch, hät er sinere Muetter z verdanke. Disi hät für ihn es Vermöge usggää. Obwohl sini Eltere (bsunderigs de Vater) ihn konservativ erzoge händ, hät er sich churz nach em Erbwerb vom Diplom, vo dere Haltig abgwändet und em orthodoxe Judetum abgschwore. Wäge sinere öffentliche liberale Haltig, wo er sich öffentlich dezue bekännt hät, isch er vo de russische zaristische Polizei beobachtet worde.

Ab sim 20. Läbensjohr hät er als chaufmännische Agstellte z Warschau gschaffet und mit sim Brüeder de prozionistischi Jugendverein Dorschei Zion gründet.[4]

Um 1882 ume isch er, wie alli russische Jude bis 1917, zwangswiis id Kaiserlichi Russischi Armee izoge worde. Er isch, au wenn er sich afangs no gweigeret hät, bis 1886 zum Generalmajor (генера́л-майо́р) befördert worde und hät abwächslend i de Infanterii und i de Kavallerie dienet.[5] Er isch en gute Strateg ksi und isch 1887 zum Oberbefählshaber vo de russische Armee im Suwałki-Gouvernat im hütige Pole ernännt worde. 1890 hät er em Militärdienst de Rügge khert, isch Pazifist worde und is Dütsche Riich uf Preuße umzoge, wo er die dütschi Sprach glehrt hät.

Studium und Werdegang als Awalt i de Schwiiz

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D Humboldt-Universität z Berlin 1900

Z Dütschland hät er ab 1892 Rächts- und Staatswisseschafte a de Humboldt-Universität z Berlin studiert.[6] Er hät dur Zuefall underanderem em Kaiser Wilhelm II. sin Sohn, de dütschi Chronprinz Friedrich Wilhelm Victor August Ernst, känne glehrt und hät i de höchste Chreis vo de dütsche Gsellschaft verchert und unteranderem einigi dütschi Bundesfürste wie de König Friedrich August III. vo Sachse känne glehrt.[7] Obwohl er begeisteret vo de disziplinierte königlich-preußische Tugende und em ufsträbende Land ksi isch, hät er Berlin wieder verloo.

Au wenn er hät ursprünglich welle uf Bade-Bade zieh, hät er sich 1895/96, nach gewüsse Komplikatione a de dütsch-schwiizerische Gränze, z Bärn nidergloo und hät zersch a de Universität Bärn und spöter a de Universität Züri gstudiert. 1896 isch er z Bern zum Dr. jur. promoviert worde. 1897 hät er sich als Rächtsaawalt z Züri nidergloo und hät im gliche Johr s Bürgerrächt vo Affoltere bi Zürich agnoo und isch de SP biträte. Er isch zu dere Ziit mit em Hermann Greulich und Leonhard Ragaz befründet ksi.[8]

Nachere churze Ziit z Affoltere isch de Farbstein 1898 ad Rämistrass bim Bellevue zoge. 1900 isch er zum Generalawalt ufgstige.[9]

Wo de italiänischi Sozialist Benito Mussolini im Juni 1903 z Bärn verhaftet worde isch,[10] hät mer de Farbstein, wo sälber Sozialist ksi isch, bimene SP-Träffe drüber informiert. Er hät sich dänn für em Mussolini sini Fräilassig igsetzt und mit em spöter bis 1915 e Brieffründschaft pflegt. Im April 1930 isch er ad Hochziit vo em Mussolini sinere Tochter Edda iglade worde und hät zu de 150 gladene Ehregest khört.[11]

Bis 1910 hät sich de Farbstein i de SP und schwiizwit als Spitzeawalt en Name gmacht und es Vermöge verdient. Im händ unteranderem s Rote Schloss vo Züri und ab 1950 s Schloss Sihlberg khört.

„Für die Mitarbeit in der Strafrechtskommission konnte Farbstein auf eine langjährige Berufserfahrung zurückgreifen. In seiner Vorstellung hatten Strafen vordringlich das Ziel, zur Besserung eines Straffälligen beizutragen, die Peinigung von Tätern betrachtete er als eine unzulängliche Rache.[12]

Als Jurist hät de Farbstein für es einheitliche Strafgsetzbuech i de föderalistische Schwiiz kämpft. Im Mittelpunkt vo sinere Tätigkeite isch aber de Kampf gäge d Klassejustiz und de Isatz für es schwiizwites einheitlichs und humanistisch usgstaltetes Strafrächt gstande. Er hät d Todesstraf, wo im früene 20. Johrhundert i gwüsse Kanton immer no praktiziert worde isch, abglehnt. Er hät d Asicht verträte, dass es sich dodebii um e grausami Rach handle, um es Überblibsel vom biblische Talionsrächt (Vergältigsrächt «Aug um Aug, Zah um Zah») isch.

Politischi Karriere

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Afäng i de SP

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Em Farbstein sini politischi Karriere hät 1896 aagfange, wo er d Frauerächtlerin und Sozialdemokratin Betty Ostersetzer, känneglehrt hät. 1897 isch er de Sozialdemokratische Partei vo de Schwiiz (SP) biträte. Glichziitig isch er Mitglid vo de Israelitische Cultusgemeind (ICZ) worde.[12]

Zeerscht hät en d Partei zum Leiter vo de Wahlwerbig i de Stadt Züri und em Umland gmacht. Im Früelig 1900 hät er zämme mit andere zu de Gründer vo de Linke Zürcher Zitig khört. Er hät ab dänn regelmässig Artikel für d Partei gschribe und sich vor allem für d Verbesserig vo de Läbensbedingige vo de Arbeiter igsetzt.

Karriere bis 1953

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Nach ere lange Karriere als Stadtrat und Kantonsrat isch de Farbstein 1922 als eine vo de Füehrer vo de SP in Nationalrat gwählt worde und isch döt bis 1938 ksi. Noch em Maurice Goetschel-Blum (1858–1921) isch er de zweit jüdisch Nationalrat ksi. Nach ere politische Pause i de 40er-Johr isch er 1951 zum Generalsekretär vo de SP worde.

 
S Grab vom David und de Rosa Farbstein uf em Oberen Israelitische Fridhof Züri Frieseberg

I sine letschte Johr hät er sich starch für d jüdischi Gmeind z Züri igsetzt und hät ungefähr en Viertel vo sim Vermöge für e witeri Synagoge gspendet. Am 18. April 1953 isch er im Alter vo über 84 Johr gstorbe. Als Ehrig hät im d SP zämme mit de jüdische Gmeind es Begräbniss mit ca. 800 Gäst organisiert. Als letschti Ehrig hät d SP in 1954 als Werbig bim Wahlkampf bruucht. Sini politischi Ideologii wird oft als Farbsteinismus bezeichnet.

Familie

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I erster Ehe isch de Farbstein mit de Betty Farbstein (1873–1938), geb. Ostersetzer, verhüratet ksi. Die hät 1900 z Züri i Medizin promoviert und nachane als Ärztin gschaffet.[13]. Zäme händs zwei Söhn kha.[14] I zweiter Ehe isch er mit de Rosa Farbstein (1888–1973), geb. Leszczynska, us em polnische Lodz verhüratet ksi. Mit ire hät er en witere Sohn kha.[12]

Sini Änkeli Dina Wyler, Tochter vom Sohn us de erste Ehe, isch e erfolgriichi Künstlerin ksi.[15]

Hüt läbed sini Uränkel a verschidene Ort wie Jerusalem, Tel Aviv, New York und Gänf. De familiäri Hauptsitz isch aber z Züri.

Litratur

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Einzelnachwiis

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  1. Aaron Kamis-Müller: Antisemitismus in der Schweiz 1900–1930. Chronos Verlag, Zürich 1990. (Zugl. Zürich, Univ., Diss.) ISBN 3-905278-61-8, S. 268.
  2. Robert Uri Kaufmann (Hrsg.): Bibliographie zur Geschichte der Juden in der Schweiz. Saur, München 1993, ISBN 3-598-11139-8.
  3. Biographii über de David Farbstein uf hebrew-lexicon (Hebräisch)
  4. Nachruf auf Dr. David Farbstein. In: Das neue Israel – offizielles Organ des Schweizerischen Zionistenverbandes und des Hebräischen Weltbundes Schweiz, Heft 11, 5. Jahrgang, Mai 1953.
  5. Волков С. В. Русский офицерский корпус. М., 1993. S. 38–49.
  6. East European Jews in Switzerland. Immigrants, Transmigrants and Sojournes uf www.hsozkult.de
  7. Luise von Toscana: Mein Leben, Dresden 1991, Seite 67/68
  8. Schweizer Lexikon in 6 Bänden, Luzern 1991 ff., Band 2 (1992), S. 553
  9. Jacques Picard: Die Schweiz und die Juden, Zürich 1997, S. 255.
  10. Was hat Mussolini in Bern gemauert? Artikel vo http://www.derbund.ch
  11. Edda Ciano: My Truth, S. 31f.
  12. 12,0 12,1 12,2 Hanna Zweig-Strauss: David Farbstein (1868–1953). Jüdischer Sozialist – sozialistischer Jude? Chronos, Zürich 2002, ISBN 3-0340-0548-2, S. 124.
  13. Archivierte Kopie. Archiviert vom Original am 29. Juli 2014; abgruefen am 25. April 2015.
  14. Historisches Lexikon der Schweiz, Band 4, Basel 2004, S. 407/08
  15. http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4001946